Begleiten Sie uns auf unserer Zugreise mit dem renommierten Politologen Ivan Krastev und hören Sie seine nüchterne Analyse der Faktoren, die zu berücksichtigen sind, will man Dinge zum Besseren verändern.
“Ich erinnere mich an das bedrückende Gefühl, das ich verspürte, als ich über den polnischen Aktivisten gelesen habe, der sich selbst angezündet hat. Er tat dies als Zeichen des Protests gegen die Politik einer Regierung, mit der er überhaupt nicht einverstanden war. Er wollte uns an Jan Palach erinnern, der sich 1969 aus Protest gegen den Einmarsch der Sowjets in die Tschechoslowakei selbst verbrannte. Er wollte uns an all die Deutschen erinnern, für die Hitlers Macht in den 1930ern zur Normalität wurde. Er wollte, dass wir das, was vor sich geht, nicht als normal hinnehmen. Als ich über ihn nachdachte, fielen mir auch jene idealistischen jungen Menschen ein, die sich in den 1970ern der Rote Armee Fraktion anschlossen und für die es keinen großen Unterschied machte, ob sie unter einer faschistischen Herrschaft lebten oder in einer westlichen Demokratie. Für sie gab es keinen Unterschied zwischen Nazideutschland und dem Deutschland der 1970er Jahre. Sie verhielten sich so, als lebten sie unter Hitler. Und sie haben der Demokratie keineswegs geholfen, sondern viel eher versucht, sie zu zerstören. Ich sage das, weil ich der Überzeugung bin, dass jeder Aktionismus seitens der Zivilgesellschaft auf das richtige politische Urteil aufbauen und mit Augenmaß vorgehen sollte. Nicht jede schlechte Regierung ist eine faschistische Regierung. Und nicht jeder, dessen Meinung man nicht teilt, ist ein Faschist. Also, bemühen wir uns keinen Schaden anzurichten. Versuchen wir, mit Augenmaß zu handeln.”
Dieser Text und dieses Video ist unter der Creative Commons Lizenz veröffentlicht: CC BY-NC-ND 3.0. Der Name des Autors/Rechteinhabers soll wie folgt genannt werden. Autor: Jovana Trifunovic und Igor Bararon / tippingpoint.net. Titelbild: Ivan Krastev, Standfoto. Foto: Igor Bararon / tippingpoint.net
Back on Track
In Anbetracht der großen geopolitischen Veränderungen und Herausforderungen in unserer Welt, von zunehmendem Nationalismus über vermehrte Forderungen nach Privatsphäre bis hin zum Spannungsfeld zwischen wachsenden menschlichen Bedürfnissen und ökologischen Grenzen, gibt es zweifelsohne noch Raum für erhebliche Verbesserungen. Wir von der ERSTE Stiftung sehen die Zivilgesellschaft in diesem Prozess als wesentlichen Impulsgeber und haben daher die Videoreihe Back on Track über soziales Engagement und Aktivismus gestartet – als ein klares Zeichen der Unterstützung all jener, die sich dafür einsetzen, unsere im Umbruch befindliche Gesellschaft aktiv mitzugestalten.
Das Video Engagiert Euch, aber mit Augenmaß! ist die fünfte Episode der sechsteiligen Videoserie.