„Er markiert sein Revier.“

Künstlerin Ilona Németh über Ungarn, die Slowakei und „Fußball-Diplomatie"

Ilona Németh, slowakische Künstlerin, zögerte kurz und fragte sich, ob sie eine ihrer Ausstellungen im Ludwig Museum in Budapest stattfinden lassen möchte. Ein Museum, das von Orbáns Regierung unterstützt wird. Als man sich ihre kritischen Gespräche über die Verantwortung intellektueller Persönlichkeiten in Zeiten der Wende aussuchte, entschied sie sich, mit ihrer Ausstellung jenen unter die Arme zu greifen, die die innerstaatlichen Verhältnisse offen anprangern. Mit dem Bau teurer Stadien im Süden der Slowakei, markiere Orbán sein Revier, so die in Dunajská Streda geborene Künstlerin. „Kinder in ungarischen Schulen fürchten sich mittlerweile vor dem Herrn, der überall auf Plakaten zu sehen ist und spielen in Teams mit dem Namen ‘Stop Soros’“, so Németh über die Folgen der Hysterie in den ungarischen Medien.

In der Vergangenheit sagten Sie einmal, dass Sie Ihrer Mutter verboten haben, ungarisches Fernsehen zu schauen. Hat sie auf Sie gehört?

(Lacht) Ich habe mich da etwas ungeschickt ausgedrückt. Ich meinte das ungarische Staatsfernsehen. Denn es gibt ja selbstverständlich noch ein paar Fernsehsender, die man gerade noch schauen kann. Auf den staatlichen Sendern ist die Flüchtlingsdebatte und die Propaganda der ungarischen Regierung so stark manipuliert, dass ich meine Mutter beruhigen musste, dass sie sich in ihrer kleinen Wohnung in Dunajská Streda nicht vor Migranten fürchten muss. Und auch um uns müsse sie sich nicht sorgen, wenn wir viel reisen, denn auch da fürchtete sie sich.

Hat das Fernsehen noch immer so einen Einfluss?

Es ist in der Tat so, dass die Propaganda so stark ist, dass jene, die keinen Zugang zu anderen Medien haben oder keine Fremdsprachen sprechen, unter so großen Druck geraten sind, dass sie sich mittlerweile keine Fragen mehr stellen und ihren kritischen Blick auf die Dinge verloren haben. Die Regierung in Budapest hat es geschafft, sich das Vertrauen der Leute für jede weitere Runde ihrer Hasskampagne zu sichern. Das ist eine sehr durchdachte Strategie, um sich an der Macht zu halten. Wenn ich zufällig mal den ungarischen Rundfunk einschalte, springt mich fast jedes Mal das Wort „Migrant“ an. Aber leider hat es keinen kontraproduktiven Effekt, die Leute sind dieses Themas noch immer nicht überdrüssig.

“Die Regierung in Budapest hat es geschafft, sich das Vertrauen der Leute für jede weitere Runde ihrer Hasskampagne zu sichern.”

Einer Studie zufolge scheint es zu funktionieren, die Ungarn fürchten sich am meisten vor Migranten und Soros.

Es hat sogar solche Ausmaße erreicht, haben mir meine ungarischen Freunde erzählt, dass Kinder in den Schulen bereits vor Soros-Bildern Angst haben. Es ist aber auch schon in meiner Familie passiert. Meine neunjährige Nichte kam vom Fußballspielen nach Hause und erzählte, dass das eine Team „Stop Soros“ hieß. Sie hatte danach richtig Angst, dass ihr der Herr, der überall auf Plakaten zu sehen ist, das Land wegnimmt. Es beeinflusst auch bereits Kinder im Vorschulalter und dringt in die sensiblen Strukturen der Familien ein.

Die ungarische Soziologin Anikó Félix behauptet, dass die Plakate mit dem lächelnden Soros ein Beispiel für den sogenannten konspirativen Antisemitismus seien. Können Sie ihn auch erkennen?

Ganz eindeutig sickerte der Antisemitismus in die Gesellschaft vor allem in den Jahren 2007 und 2008 ein. Davor sprach man nicht so oft über Juden bei antisemitischen Anspielungen. Zuerst begann man darauf aufmerksam zu machen, wo überall in der Kultur Juden arbeiteten. Man sprach darüber, wer Jude war und die Debatte begann sich zu verbreiten, bis sie Teil des täglichen Gesprächs also salonfähig wurde. Wenn jetzt in einem gängigen Gespräch unter Freunden in Ungarn oder auch in der Südslowakei etwas Antisemitisches gesagt wird, entgegnet dem niemand etwas. Es wurde ein tolerierbares Thema. Ich möchte nicht verallgemeinern, aber in den letzten Jahren verhält es sich natürlich auch ähnlich in Kombination mit der Migrantenproblematik. In den ungarischen Medien ging das Wort „Flüchtling“ verloren und es ist nur noch von Migranten die Rede. Ich glaube, dass die ungarische Regierung daran programmatisch gearbeitet hat.

© Attila Kisbenedek / AFP / picturedesk.com

Ein Plakat zeigt den ungarisch-amerikanischen Milliardär und Philanthropen George Soros. Ein zentrales Element des Wahlkampfes ist die multimedial geführte Kampagne gegen ihn und den angeblichen “Soros-Plan”, in dessen Rahmen Masseneinwanderung in die EU unterstützt werden solle. Foto: © Attila Kisbenedek / AFP / picturedesk.com

Fidesz scheint mit der Hass-Kampagne erfolgreich zu sein, die Partei gewann die Wahlen und führt langfristig in Umfragen. Hat diese Kampagne auch einen Einfluss auf die Ungarn, die in der Slowakei leben?

Ich glaube, bis zu einem bestimmten Grad ja. Andererseits muss ich sagen, dass der ungarischsprachige Radiosender „Patria“, ein Sender in der Slowakei für die ungarische Minderheit, meiner Meinung nach momentan der beste ungarische Radiosender ist. Im Vergleich zu verschiedenen ungarischen Radiosendern, darunter auch privaten, bemüht man sich hier objektiver zu berichten. Die Mehrheit der in der Slowakei lebenden Ungarn verfolgt jedoch vorwiegend auch weiterhin die staatlichen Sender, weil sie glaubt, dass diese ihre wichtigste Quelle für Informationen über Kultur und ungarische Politik seien. Natürlich haben diese Sender dann einen Einfluss auf sie. Die Tatsache, dass die slowakischen Medien objektiver sind, wirkt zum Teil ausgleichend. Aber jene, die die ungarischen Staatssender als Quelle wählen, sind für die ungarische Propaganda auch in der Slowakei eine leichte Beute.

Warum Patria?

Die Berichterstattung dieses Radiosenders ist sicherlich die objektivste und ausgewogenste und die Kommentare sind von guter Qualität. Dazu tragen auch ungarische Experten bei, darunter auch Hochschulpädagogen und Forscher, die aus den ungarischen Medien verdrängt wurden. Und das ist ja kein Zufall. Als in Ungarn die Unabhängigkeit der Medien kontinuierlich abgebaut wurde, gingen die kritischen Stimmen verloren, auch in der Kulturszene. Diese Stimmen tauchen jetzt beim Radiosender Patria wieder auf. János Széky zum Beispiel, der früher für meinungsbildende Medien in Ungarn schrieb, arbeitet jetzt für die slowakische Internetzeitung „Parameter“. Für kritische Qualitätsautoren aus Ungarn wurde der Süden der Slowakei zum Ort, wo sie sich äußern können.

Vor zwei Jahren beendete die kritische Tageszeitung „Népszabadság“ ihre Arbeit. Gibt es etwas, was Sie noch lesen können?

In Ungarn wurden kontinuierlich Printmedien aufgekauft und langsam betrifft es die Internetmedien ebenso. „Index“ zum Beispiel, das Internetmedium, das ich früher gerne las, und das vergleichbar war mit der Tageszeitung „Denník N“ oder „SME“, hat seinen Besitzer gewechselt und ist nicht mehr so gut. Die Internetplattform „Origo“ kann man gar nicht mehr lesen. „444“ ist noch auf einem bestimmten Niveau. Jetzt habe ich jedoch gelesen, dass Fidesz ab September eine komplett andere Kulturpolitik verfolgen wird. Ich stelle mir das vor wie eine Riesenwalze, mit der alles noch Dagebliebene umgewalzt wird.

Betrifft das auch kritische Künstler?

Es geht nicht nur um kritische Künstler. Es wurden Medien aufgekauft und es wurde Personal im Fernsehen ausgetauscht. Außerdem werden jetzt die eigenen Leute in der Kunstszene gefördert. Schon seit Jahren spricht man vom Wandel des Kanons in der Kunst, d.h. des Systems in der Szene, das die qualitativen, repräsentativen und wichtigsten Werke ihrer Zeit von den anderen unterscheidet. In Ungarn pflegte man jedoch zu sagen, dass die kanonisierte Kunst von Juden oder links-liberalen Kreisen beeinflusst wird und, dass echte Künstler da keine Chance hätten. Daher wird jetzt gerade darüber diskutiert, dass der Staat bestimmen soll, wer ins Bewusstsein der Leute gebracht werden soll. Aber so funktioniert das nicht in der Kunst. Der Staat darf nicht bestimmen, wer in den Kanon gelangen soll und wer nicht.

Natürlich gibt es immer Künstler, denen nicht so viel Raum eingeräumt wird, weil sie nirgendwo anecken. Sie leben in der Gegenwart aber sie betreiben keine Gegenwartskunst. Fidesz kreiert wissentlich eine Szene sogenannter „nationaler“ Künstler, die seine Ideologie unterstützen. Für sie ist die Ideologie wichtiger als die Qualität der Werke. Das sieht man zum Beispiel in der visuellen Kunstszene an der Ungarischen Nationalakademie, die überdurchschnittlich gut finanziert wird, unter anderem über die monatlichen Gehälter ihrer Mitglieder.

Ilona Németh

Ilona Németh (1963) kommt aus Dunajská Streda, hat in Budapest studiert und ist Professorin an der Hochschule für Bildende Künste in Bratislava. Hier leitet sie ihr eigenes Atelier. Sie hat zahlreiche eigene Ausstellungen und auch Gruppenausstellungen organisiert, sowohl in der Slowakei als auch in der internationalen Kunstszene. Letztes Jahr bekam sie vom slowakischen Präsidenten den Fürst-Pribina-Orden der 2. Klasse für außerordentliche Verdienste um die kulturelle Entfaltung der Slowakischen Republik im Bereich der Bildenden Künste verliehen. In der hauptstädtischen Kunsthalle hat sie vor Kurzem das Werk „Eastern Sugar“ ausgestellt. Ihr Sohn, Ábel Ravasz, ist stellvertretender Parteivorsitzender der slowakischen Partei für die ungarische Minderheit „Most-Híd“ (Brücke).

Foto: © Tomáš Benedikovič

Sie haben an der Universität in Budapest habilitiert. War die Politik der Fidesz auch in der akademischen Welt präsent?

Als das Bildungsministerium vor vier bis fünf Jahren an den Universitäten ihre Kanzler einsetzte, die über die Finanzierung der Hochschule entscheiden und Zuständigkeiten haben, durch die sie die Ausrichtung der Einrichtung beeinflussen können, war das der Gipfel. Ihre Stellung befindet sich sogar über der des akademischen Senats. Es war sehr seltsam, dass sich die Rektoren nicht verbündeten und keine großen Demonstrationen organisierten.

Waren somit die Universitäten nicht mehr unabhängig?

Absolut richtig. Der Kanzler kann willkürlich Entscheidungen des Rektors oder des Senats abändern. In diesem Augenblick verloren sie ihre Autonomie. In Ungarn entstand kontinuierlich eine Stimmung der Angst. Es gelang ihnen die ungarische Gesellschaft zu polarisieren. Wenn Sie nach Ungarn kommen, dann vermeiden Sie entweder sensible Themen, wenn Sie nicht mit Freunden streiten wollen oder Sie streiten sich oder aber Sie und die anderen gehen getrennte Wege. Und das gelang auch in die Familien. Ein Beispiel der negativen Entwicklung ist die Abschaffung der Gender Studies, die es an der Central European University (CEU) und an der Eötvös Loránd ELTE Universität noch gab. Begründet hat man die Abschaffung damit, dass es die Probleme, mit denen sich diese Fakultäten auseinandersetzten, nicht gebe, sie seien marginal. Und es würden sich sowieso wenige Studenten für dieses Studium anmelden, somit würde sich eine Finanzierung aus dem Staatsetat nicht lohnen. Das ist ein absolut nicht annehmbarer und zynischer Standpunkt.

Warum?

Mit der Fidesz-Partei sind archaische, geschlechterspezifische Stereotypen und die hierarchische katholische Kultur zurückgekommen und sie werden immer mehr forciert. Das Studium wurde abgeschafft, damit solche Inhalte nicht zum Thema werden. Im ungarischen Parlament waren mehrmals Angriffe auf weibliche Abgeordnete in der Opposition zu hören. Die sind da noch weniger in der Anzahl als bei uns. Zur zweiten Regierungszeit Orbáns war Lászloné Németh die einzige Ministerin. In Ungarn kann frau nicht nur den Nachnamen sondern auch den Vornamen des Ehemannes übernehmen. Der Zugang zur Frau und die Emanzipation stecken in Ungarn noch in Kinderschuhen. Das ist im Grunde sehr bedauernswert, denn im Jahr 1989 war es gerade die Fidesz-Partei, die sich für moderne Werte einsetzte.

“In Ungarn entstand kontinuierlich eine Stimmung der Angst.”

Orbán selbst war auch Empfänger eines Soros-Stipendiums. Aus Soros machte er nun den Staatsfeind Nummer Eins. Steckt dahinter berechnender Zynismus oder etwas mehr?

Es ist Berechnung, die mit den leichtesten Wegen arbeitet, also jenen, auf denen die meisten Wähler erreicht werden können. Es handelt sich um eine Situation, in der man einen inneren Feind (Nichtregierungsorganisationen) und einen äußeren Feind (Migranten) braucht, um Angst und Hass zu schüren. In der Slowakei wird dabei immer die Nationalkarte gezogen, in Ungarn wird der Antisemitismus genutzt und die äußere Gefahr ist ein gemeinsames Phänomen.

Im Gegensatz zur Slowakei ist es jedoch überraschend, dass Fidesz die Anti-Soros-Kampagne aus Steuergeldern finanziert. Robert Fico kann zwar in der Slowakei darüber sprechen, dass hinter allem die „Kinder von Soros“ stecken würden, aber es würde wahrscheinlich nicht durchgehen, dass Pellegrinis Regierung aus Staatsmitteln Plakate finanziert, um die Demonstranten, die sich für eine anständige Slowakei einsetzen, anzugreifen. Warum lässt man Orbán so etwas durchgehen?

Es geschah kontinuierlich damit, in dem die Partei die Führung des Großteils der Medien an sich riss, Werbe-, und Medienagenturen verstaatlichte und alles in die Hände mächtiger Fidesz-naher Oligarchen geriet. Mit dem Kontrollverlust gingen auch die Hemmungen zurück. Das zeigte sich auch beim Verfassungsgerichtshof, wo auch Posten von Fideszlern besetzt wurden. Mit dem Programm arbeitet man an der Zerstörung der Demokratie.

Wie würden Sie Orbáns Regime nennen?

Es ist hundertprozentig eine Autokratie, ja fast sogar eine Rückkehr zum Feudalismus. Die Macht wirkt sich auf Einzelschicksale aus. Es ist alles verloren gegangen, was es sonst in einem entwickelten Staat gibt. Ich glaube nicht, dass so eine kleine Autokratie wie Ungarn, Europa aus der Bahn werfen könnte. Problematisch wird es jedoch, wenn sich diese kleinen Autokratien zu vermehren und verbünden beginnen. Die Slowakei ist inmitten des Ganzen etwas sehr Interessantes, weil es hier eine viel gesündere politische Kultur gibt. Es gibt hier eine kritische Masse an Menschen, die zwar eingeschränkt aber doch auf die Macht Einfluss nehmen kann.

Wenn ich in Ungarn erzähle, dass wir in der Slowakei für einen neuen Premierminister und auch einen neuen Innenminister gesorgt haben, wundert sich jeder, wie das nur möglich war. Als in Ungarn keine Demonstration Folgen hatte, demonstrierten die Leute beim zehnten Mal nicht mehr mit und blieben zu Hause. Fidesz spielt auf Resignation und der Plan geht auf.

Kann Orbán nicht auch slowakische Politiker mit sich reißen?

Fico versucht es schon, aber ich glaube, dass wir hier noch Hemmungen haben, denn es gibt noch einige Medien zum Beispiel, die nicht von staatlicher Macht beeinflusst sind. Außerdem gibt es Kontrollmechanismen und Institutionen, die sich ihm in den Weg stellen würden, sollte er Orbáns Weg einschlagen. Während in der Slowakei zum Beispiel die Geschichte mit der Zeitung „Denník“ anfing, da beendete die letzte kritische Tageszeitung „Népszabadság“ kaum ihre Arbeit, schon wurde ein Buch über sie herausgegeben, in dem über den Verlust berichtet wurde. Das ist der sehr große Unterschied in der Art und Weise, wie Journalisten und die ungarische Kulturgemeinschaft auf den Verlust der Unabhängigkeit reagieren. Der Tiefpunkt der ungarischen Politik war auch schon vor Kurzem erreicht, als sich vor nicht allzu langer Zeit Le Pen zu Orbán und dem italienischen Innenminister Salvini gesellte und vorschlug, eine gemeinsame Allianz gegen Migranten zu bilden.

Wie nehmen Sie Orbáns „Fußball-Diplomatie“ wahr und dass er nun in slowakische Fußballstadien und -klubs investiert?

Ich habe nichts gegen die Unterstützung des Massensports, aber ich bin gegen Großinvestitionen aus Staatsmitteln oder anderen Quellen, aus denen dann riesige, teure Stadien gebaut werden. Den Bau von Stadien auf Gebieten, wo Ungarn leben, sehe ich auch als ein „Markieren des eigenen Reviers“ und somit als ideologische und politische Angelegenheit. Wenn man die Kultur fördern möchte, dann sollte man wissen, dass die Kultur im Allgemeinen unterfinanziert ist, und das obwohl sie meiner Meinung nach zur Lebensqualität beiträgt. Ich kann mir nicht vorstellen, inwiefern ein riesiges Fußballstadion die Lebensqualität verbessert, in dem 10.000 Menschen die ungarische und slowakische Nationalhymne brüllen und es auf beiden Seiten zu nationalistischen Ausbrüchen kommt. Es wäre viel nützlicher, wenn diese Millionen in die Qualität des Gesundheits- oder Bildungswesens investiert würden.

“Für kritische Qualitätsautoren aus Ungarn wurde der Süden der Slowakei zum Ort, wo sie sich äußern können.”

Sie äußern sich sehr kritisch über Orbán. Gibt man Ihnen in Ungarn dennoch die Gelegenheit für Ihre Ausstellungen?

Die Antwort ist kompliziert. Es geht nicht nur um die Frage, ob man mich einlädt oder nicht. Es geht auch darum, dass es nur wenige Stellen gibt, von denen man eine Einladung annehmen kann. Und das aus den unterschiedlichsten Gründen. Zum Beispiel wenn diese Stelle von der ungarischen Kunstakademie MMA unterschützt wird. Es gibt auch für ungarische und ausländische Autoren, die kritisch denken, wenige Gelegenheiten. Über mein letztes Projekt Eastern Sugar in der Kunsthalle in Bratislava erschienen überraschenderweise zwei Rezensionen in Kunstblättern in Ungarn. Aber ich kann nicht sagen, dass man mich oft einladen würde. Jetzt habe ich schließlich eine Einladung für eine Ausstellung im Ludwig Museum in Budapest angenommen. Diese wird Ende September stattfinden und mein Werk Statement aus dem Jahr 2015 wird dort ausgestellt.

Worum geht es bei dem Werk?

Die Videoinstallation besteht aus fünf Gesprächen mit Künstlern, die international bekannt sind und die in Nachbarländern Ungarns leben oder geboren sind. Ich frage sie in diesen Gesprächen nach der Verantwortung Intellektueller und Künstler bei Fehlentscheidungen in der Geschichte eines Volkes. Wir haben uns gemeinsam Gedanken darüber gemacht, ob wir nicht wieder Zeugen jener falscher, politischer Entscheidungen sind, und wenn ja, ob wir nicht die Möglichkeit haben, Entscheidungen positiv zu beeinflussen. In letzter Zeit wurde das Ludwig Museum, das teilweise mit staatlichen Mitteln unterstützt wird, ausdrücklich durch Ideologen in den Medien kritisiert. Mit meiner Zustimmung dafür, dass mein Werk ausgestellt wird, möchte ich ihren kritischen Standpunkt unterstützen.

Original auf Slowakisch. Erstmals publiziert am 10. September 2018 auf Denník N.
Aus dem Slowakischen von Nikolett Losonci.


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