Eine Zukunft für Europa?
Ivan Vejvoda über Politik und Demokratie in unsicheren Zeiten.
Wir leben in Zeiten individueller, politischer, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Unsicherheit. Europa sieht sich einer noch nie dagewesenen Krise gegenüber, internen Selbstzweifeln über das Projekt als solches, die sich in zunehmendem Nationalismus und Populismus äußern; hinzu kommen die außenpolitischen Herausforderungen der Flüchtlingswelle und der Krise im Nahen Osten und in Russland.
Brexit und Trump sowie der demokratische Rückschritt in Polen und Ungarn haben unter anderem Zweifel in allen Bereichen des sozialen und politischen Lebens hinsichtlich der Zukunft der liberalen demokratischen Ordnung aufkommen lassen.
Der Verlust des Vertrauens in Institutionen, die Erosion etablierter Parteien und der Aufstieg sozialer Bewegungen haben dazu geführt, dass die Prinzipien unserer Politik und Demokratie infrage gestellt werden. Das „demokratische Defizit“ und die Erosion der demokratischen Legitimität in Europa waren frühe Hinweise für den Verlust an Selbstvertrauen der BürgerInnen in ihre Fähigkeit, das Leben in ihren Ländern und Gemeinschaften im Zuge der fortschreitenden Globalisierung zu beeinflussen.
Europa hat nicht erst einmal schwierige und dunkle Zeiten durchlebt. Das europäische Konstrukt bleibt trotz aller Herausforderungen ein historischer Erfolg und bedarf einer gründlichen Überprüfung. Europa wird aus dieser Krise verändert und hoffentlich gestärkt hervorgehen. Wie und wann das der Fall sein wird, hängt jedoch von staatsmännischen Fähigkeiten und Initiativen der BürgerInnen ab – vom Engagement, die demokratischen Werte und Institutionen hochzuhalten, auf denen unsere Freiheit beruht.
„Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch.“
Grundsatzrede von Ivan Vejvoda vom 9. October 2017 am Institut für die Wissenschaften vom Menschen (IWM):
Europe’s Futures
Ivan Vejvoda ist seit Januar 2017 Permanent Fellow am Institut für die Wissenschaften vom Menschen (IWM). Zuvor war er als Senior Vice President für Programme des German Marshall Fund of the United States zuständig. Er ist außerdem Direktor des Projekts „Europe’s Futures“, einer groß angelegten Initiative, die das IWM gemeinsam mit der ERSTE Stiftung und mit Unterstützung der Erste Group Bank AG lanciert.