“Sich wehren!”

WHW und Kathrin Rhomberg über ihre Ausstellung “My sweet little lamb (Everything we see could also be otherwise)”.

Mit dem Ausstellungsexperiment „My Sweet Little Lamb (Everything we see could also be otherwise)“ in Zagreb gingen WHW gemeinsam mit der Kontakt Sammlung neue Wege bei der Ausstellung und Vermittlung von Kunst. The Showroom in London zeigt bis 20. November 2017 die letzte Episode – den Epilog – der sieben Kapitel dieses Langzeitprojekts.

“Alles, was wir sehen, könnte auch ganz anders sein”, behauptete vor vielen Jahren der Künstler Mladen Stilinović aus Zagreb, der 2016 im Alter von 69 Jahren verstorben ist. Und ganz in der Tradition René Magrittes, der schon Ende der 1920er-Jahre sein Publikum darüber grübeln ließ, ob gemalte Pfeifen wirklich Pfeifen sind, fügte Stilinović wie zum Beweis dem verzückten Ausruf „Mein süßes kleines Lamm“ die Zeichnung eines Schweinchens hinzu.

Diesen quasi „postfaktischen“ Werktitel von Mladen Stilinović, einem wichtigen Vertreter der kroatischen Neo-Avantgarde, wählte das Kuratorinnenkollektiv What, How & for Whom/WHW zum Titel einer Ausstellungsserie in Zagreb: „My Sweet Little Lamb (Everything we see could also be otherwise)“. In London ist nun der Epilog zu sehen.

Everything we see could also be otherwise (My sweet little lamb)

The Showroom
63 Penfold Street, London 
20. September–11. November 2017
Mittwoch– Samstag 12 – 18 Uhr

Ivet Ćurlin, Ana Dević, Nataša Ilić und Sabina Sabolović konzipierten gemeinsam mit Kathrin Rhomberg, der künstlerischen Leiterin der Kontakt Sammlung, eine vielfältige Reihe von Ausstellungen, Veranstaltungen, Vorträgen und Performances. Ausgangspunkt des ungewöhnlichen Projektes, das viele oftmals kleine Institutionen der Kunstszene in Zagreb mehrere Monate lang immer wieder bespielte, war die Kontakt Sammlung selbst.

Die Kontakt Sammlung ist keine Unternehmenssammlung. Rechtlich ist sie ein gemeinnütziger Verein, von dem die Erste Group, die Tochterbanken Banca Comerciala Romana, Ceská spořitelna, Erste Bank Croatia, Erste Bank Hungary und Slovenská sporitel’ňa sowie die ERSTE Stiftung Mitglieder sind.

Kathrin Rhomberg

Kathrin Rhomberg ist unabhängige Kuratorin, Lehrbeauftragte an der Akademie der bildenden Künste Wien und Vorsitzende und Künstlerische Leiterin der Kontakt Sammlung.

Aus Mitgliedsbeiträgen und Zuwendungen finanzieren sich Ausstellungs- und Sammlungstätigkeit. Die Werke der Sammlung sind weder permanent ausgestellt noch verfügt sie über ein eigenes Museum. Auch die Räumlichkeiten der Erste Group schmücken keine Kunstwerke der Sammlung. Das liegt vor allem an ihrem Schwerpunkt, gesammelt wird Konzeptkunst. In den letzten zehn Jahren ist mithilfe eines künstlerischen Beirates, bestehend aus den KuratorInnen Silvia Eiblmayr, Georg Schöllhammer, Jiří Ševčík, Branka Stipančić und dem Leiter der documenta 14, Adam Szymczyk, eine erstklassige, in dieser Form einzigartige Sammlung zeitgenössischer Kunst aus Zentral-, Ost- und Südosteuropa entstanden, die einen klaren Schwerpunkt auf experimentelle künstlerische Praktiken legt.

What, How & for Whom

WHW ist ein Kuratorinnenkollektiv, das 1999 in Zagreb gegründet wurde. Seine Mitglieder sind Ivet Ćurlin, Ana Dević, Nataša Ilić und Sabina Sabolović. Seit 15 Jahren führt WHW die Galerie Nova in Zagreb und kuratierte zahlreiche internationale Ausstellungen, darunter die 11. Istanbul Biennale 2009.
www.whw.hr

Ein wesentlicher Gesichtspunkt der sammlerischen Tätigkeit ist die konservatorische Sicherung und wissenschaftliche Aufarbeitung von Nachlässen und Archiven zentraler, kritischer künstlerischer Positionen der Länder des ehemaligen sogenannten Ostblocks.

Die Ausstellung „My Sweet Little Lamb (Everything we see could also be otherwise)“ nutzte diese reichen Bestände und stellte wichtige historische Werke aus der Kontakt Kunstsammlung neuen Arbeiten eingeladener KünsterInnen an verschiedenen Orten der Kunstwelt Zagrebs gegenüber. Das Projekt entfaltete sich entlang einer Zeitachse und funktionierte wie ein Stadtrundgang, der über Monate durch Galerien, Künstlerateliers, Off-Kunsträume und sogar in eine Privatwohnung führte und mit vielen Veranstaltungen und immer neuen Eröffnungen ein interessiertes Publikum anlockte. Die Kuratorinnen gliederten die Ausstellungsserie in sechs Episoden. Im Anschluss an die Pilotfolge erzählten weitere Episoden Geschichten wie die von „Körpern, Sex, Politik, Alter und Tod, die sich begegnen und durcheinandergeraten“ oder vom „Tanz der Körper und Institutionen“.

Nachdem im jüngsten Mitgliedsstaat der Europäischen Union eine explizit nationalistische Regierung an die Macht kam, hat sich die Kulturszene Kroatiens in den letzten Jahren wieder stärker politisiert. Kunst ist wieder ein politisches Statement. Entsprechend spannend gestalteten sich die Dialoge, die sich aus den Zusammenstellungen von historischen und aktuellen gesellschaftlichen Interventionen ergaben.

Maribel Königer sprach in Zagreb anlässlich der Eröffnung der fünften Episode mit Ana Dević und Sabina Sabolović von WHW sowie mit Kathrin Rhomberg, der künstlerischen Leiterin und Vorstandsvorsitzenden der als Verein organisierten Kontakt Kunstsammlung, über ihr Ausstellungsexperiment und die aktuelle Situation in Zagreb.

„My Sweet Little Lamb (Everything we see could also be otherwise)“ war eine Ausstellung in sechs Episoden an vielen verschiedenen Orten in Zagreb. Wie kam es dazu?

Ana Dević: 2016 besuchten Kathrin Rhomberg und Hephzibah Druml von der Kontakt Kunstsammlung die Ausstellung von David Maljković. Die von WHW kuratierte „Retrospective By Appointment“ war völlig dekonstruiert. Anstatt seine konsistente, international bekannte künstlerische Praxis an einem einzigen Ort zu präsentieren, entschieden wir uns für ein Format, das ganz bewusst fragmentiert war. Wir nutzten kleine Galerien, unabhängige Kunsträume sowie Davids Atelier, also seinen privaten Bereich. Mit „My Sweet Little Lamb“ griffen wir erneut stark in die institutionelle Landschaft Zagrebs ein. In den vergangenen Jahren hatten wir bereits Ausstellungsserien mit mehreren Kapiteln und Schauplätzen konzipiert. Doch dieses Mal hatten wir das große Glück, eine solch wichtige und konsistente Sammlung wie die Kontakt Kunstsammlung einem lokalen und internationalen Publikum präsentieren zu dürfen. Von Anfang an standen wir in engem Dialog mit Kathrin und entwickelten das Projekt gemeinsam.

Unsere wichtigsten Fragen lauteten: Wie präsentiert man eine Sammlung und wie lässt sich heute mit dem Ausstellungsformat experimentieren? Kontakt ist eine nomadische Sammlung. Sie ist nicht permanent in einem Museum ausgestellt, sondern bringt die Werke zurück an den Ort ihres Entstehens, in das politische Terrain, aus dem diese Kunst stammt. Dies ist ein Akt der Großzügigkeit, die wir sowohl nutzen als auch zeigen wollten. Darüber hinaus sollte es eine „exhibition in time“ – eine Ausstellung zur rechten Zeit, die sich über einen gewissen Zeitraum entwickelt – werden, die ihre Dynamik dadurch beibehält, dass sie so viele interessante Räume
und Organisationen wie möglich miteinbezieht. In der ersten Episode stellte etwa Sanja Iveković ihr Archiv in ihren Privaträumen vor. In den vergangenen vier Monaten organisierten wir auf diese Weise laufend Veranstaltungen und Ausstellungen, um Menschen Orte der Begegnung zu bieten.

„Es ist ein Akt der Großzügigkeit, die Kunst an den Ort ihres Entstehens zurückkehren zu lassen.“

War es einfach, Institutionen für die Zusammenarbeit zu finden?

Ana Dević: Wir haben eine wirklich gute Energie rund um das Projekt entwickelt und hatten keine Schwierigkeiten, Organisationen wie die unsere für die Zusammenarbeit zu finden, da die Szene in Zagreb sehr stark von einem Netzwerk an unabhängigen Organisationen und kleineren Räumen geprägt ist, die alle ähnlich arbeiten. Wir haben auch neue Räumlichkeiten – das Apartment Softić auf dem Hauptplatz in Zagreb – eröffnet. Es wurde für die Ausstellung gemietet, um einen neuen Raum zu schaffen, der ein neues Publikum anzieht. Die AusstellungsbesucherInnen saßen dort, unterhielten sich und genossen die Szenerie. Diese Atmosphäre lässt sich in Museen oder Galerien nur sehr schwer erzeugen. Die Menschen nahmen diesen spektakulären Ort mit seinem wunderschönen Ambiente und der Panoramaaussicht als Geschenk an.

My Sweet Little Lamb, venue in Zagreb; photo: Damir Žižic

Die erste Episode der Ausstellung wurde als „Pilot“ angekündigt, ein Begriff, den man von Fernsehserien kennt. Warum diese Analogie? Hat die Ausstellung eine Geschichte erzählt?

Ana Dević: Wir haben mit der Idee einer Serie gespielt. In der Pilotepisode stellten wir dem Publikum die Größe und Bandbreite des Projektes vor. Außerdem wollten wir einen Dialog zwischen historischen und zeitgenössischen Werken herstellen. Wir untersuchten die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen der Tätigkeit des Kuratierens und des Sammelns. Jede Ausstellungsserie hatte ihre eigene Geschichte. Da die Ausstellung dezentralisiert war, spielten wir mit Motiven, die an verschiedenen Orten echoartig immer wieder auftauchten.

Welche „Protagonisten“ trafen sich in einer Episode? Können Sie einen solchen Dialog beschreiben?

Ana Dević: Das Tomislav Gotovac Institut ist eine kleine, aber feine, unabhängige Institution, die vor einigen Jahren von Sarah Gotovac, der Tochter des Künstlers, und seiner Witwe Zora Cazi-Gotovac eröffnet wurde. Wir setzten diesen ganz besonderen Ort in Dialog mit einem Werk von VALIE EXPORT aus der Kontakt Kunstsammlung. Ihre Arbeit weist viele Gemeinsamkeiten mit der von Tomislav Gotovac auf, insbesondere was die Ideologie des Körpers betrifft. Zudem luden wir den russischen zeitgenössischen Künstler Nikolay Oleynikov ein, der speziell für diesen Ort eine neue Arbeit schuf, die sich mit der Rolle von Gender, Körper und Ideologie im öffentlichen Raum auseinandersetzt.

Werden die neuen Auftragsarbeiten in die Sammlung aufgenommen?

Kathrin Rhomberg: Nicht unbedingt. Wir haben einen Kunstbeirat, der Ankäufe vorschlägt. Dank der Zusammenarbeit mit WHW sehen wir die Lücken in der Sammlung jedoch viel klarer und können uns vorstellen, in welche Richtung die Sammlung weiterentwickelt werden sollte. Das Ausstellungsprojekt in Zagreb ist eine Versuchsanordnung. Die Zusammenarbeit mit der Sammlung geschieht auf eine sehr offene und lebendige Weise. Das Projekt dringt nicht nur in die Stadt Zagreb ein, sondern auch in ihre Realität. Das war auch eine Forderung der Neo-Avantgarde, der die meisten Werke der Ausstellung angehören.

Ana Dević: Viele der von uns gezeigten Arbeiten hatten zum Zeitpunkt ihrer Entstehung ein sehr kleines Publikum. Vor 20 Jahren entdeckten Ost und West die Kunst des jeweils anderen. Das war zum Teil problematisch, weil die Kunstszenen des ehemaligen Jugoslawien, in Rumänien oder der Tschechischen Republik ihre eigene modernistische Avantgarde-Tradition haben. KünstlerInnen, der Markt und die gesamte Kunstwelt werden sehr stark von einem äußerst mächtigen Kunstsystem bestimmt. Menschen wie Július Koller, Tomislav Gotovac oder Mladen Stilinović nahmen eine richtiggehend anarchistische, wenn nicht gar Anti-Kunst-Haltung ein. Sie ordneten die Machtverhältnisse völlig neu und hinterfragten die Art und Weise, wie Kunst produziert und vermittelt wird. Sie sind uns bei dem Versuch, unsere eigenen aktuellen Positionen zu überdenken, nach wie vor sehr wichtige Stützen.

Kathrin Rhomberg: Genau genommen ist dieser künstlerische Ansatz heutzutage eine Inspiration für viele junge KünstlerInnen und KuratorInnen. KünstlerInnen einer jüngeren Generation haben Schwierigkeiten, eine Position außerhalb des zeitgenössischen Kunstsystems zu finden. Mitte der 1960er-Jahre stellte Július Koller die Kunst infrage, weil er sie für korrumpiert und machtlos hielt. Heute stehen wir vor einer ähnlichen Situation. Eine von Július Kollers Schlussfolgerungen war, nicht eine neue Kunst oder neue Ästhetik, sondern vielmehr „eine neue kulturelle Situation“ zu schaffen, die zu einem „neuen Leben, einer neuen Kreativität und einer neuen kosmohumanistischen Kultur“ führen sollte. „Engagieren statt arrangieren“ lautete sein Credo, sprich: auf die Wirklichkeit mit künstlerischen Mitteln einzuwirken. Heute fragen wir uns erneut, wie wir die Kunst und ihre Stellung in unserer Gesellschaft erneuern können.

Sweet little lamb (2017): Zagreb interior; Photo: Damir Žižic

Spielte die Ausstellung mit Privatsphäre und öffentlichem Raum?

Ana Dević: Die Sammlung diente uns als Ausgangspunkt und als Ressource. Da die Beziehung zwischen Privatem und Öffentlichem eines der zentralen Themen der Sammlung ist – abgesehen von der Position des Objektes im Raum oder der Begriffsanalyse –, zog sich diese Fragestellung durch die gesamte Ausstellung. Es ging weniger um Kontrolle und Überwachung, sondern vielmehr darum, wie Politik und Ideologie den öffentlichen Raum beherrschen. Und es ging um Zugang: Folglich waren alle Ausstellungen und Programme von „My Sweet Little Lamb (Everything we see could also be otherwise)“ gratis.

Sabina Sabolović: Die Entscheidung, mit vielen Institutionen zusammenzuarbeiten und private Räume in das Ausstellungsformat zu integrieren, hatte auch mit der politischen Situation zu tun, als wir das Projekt Anfang 2016 zu entwickeln begannen. Damals gab es in Kroatien die radikalste Rechtsregierung der letzten zehn Jahre. Insbesondere das Kulturministerium vertrat eine offen radikale rechte Position und startete einen Frontalangriff. Etliche progressive, kritische Initiativen der Kulturszene wurden geschlossen, aufgerieben oder eingeschränkt. Es war sehr wichtig, zu betonen, dass wir über ein Netzwerk verfügen und dass es viele Orte gibt, wo auf eine Art und Weise gearbeitet wird, die der kritischen Position der KünstlerInnen entspricht, die der Kontakt Kunstsammlung angehören. Wir wollten dieses Netzwerk unterstützen. Deshalb bezogen wir eine Reihe kleinerer, progressiver Institutionen mit ein. Es war ein Zeichen, dass wir uns zur Wehr setzen und eine Vielzahl von Möglichkeiten schaffen würden, dass es Kulturschaffende gab, die ungeachtet der Kulturpolitik der Regierung auf dem Fortbestand ihrer kritischen Arbeiten
beharren würden.

Kathrin Rhomberg: Das Tolle an der Kontakt Kunstsammlung ist, dass wir sehr schnell reagieren und sofort in eine solche Situation eingreifen können. Wir waren in der Lage, den Inhalt oder die Themen von einer Episode zur anderen zu ändern, und mussten die Werksliste und das Konzept der Ausstellung nicht ein Jahr im Voraus festlegen. Das unterscheidet uns grundlegend von etablierten Institutionen wie Museen.

Ana Dević: Kontakt stellte seine Sammlung sowohl als Werkzeug als auch als unterstützende Struktur zur Verfügung. Es ist erstaunlich, wie großzügig die Sammlung strukturiert ist und dadurch diese Art von Austausch ermöglicht.

Mladen Stilinović steuerte nicht nur den Ausstellungstitel bei. Sie haben ihn auch im Katalog zitiert: „All money is dirty, and all money is ours. (Alles Geld ist schmutzig und alles Geld gehört uns.)“ Eine Überlebensformel für die Kunst in schwierigen Zeiten?

Ana Dević: In Zeiten drastischer Kürzungen im Kultursektor und seiner zunehmenden Abhängigkeit von privaten Geldern als Folge von Finanzspekulationen, die verheerenden Schaden an sozialen Strukturen anrichteten, bedeutet, das Projekt Mladen Stilinović zu widmen, auch, seine Ansichten zu diesen Themen aufzugreifen. Die Frage, woher das Geld kommt, hängt mit der Frage zusammen, ob sich dadurch Einschränkungen ergeben und welcher Art diese Einschränkungen sind. Wir bestehen auf ein Wertesystem, das die künstlerische und kuratorische Ideenwelt nicht einschränkt und dem Publikum gegenüber großzügig ist.

Sweet little lamb (2017): Zagreb interior; Photo: Damir Žižic

Hat Kunst heute Einfluss auf die Gesellschaft?

Ana Dević: Auf der internationalen Ebene der Realpolitik erleben wir einen eklatanten Mangel an progressiven politisch emanzipatorischen Ideen, mit denen sich all die Ungerechtigkeit, die die Welt um uns herum prägt, bekämpfen ließen. Zeitgenössische Kunst fördert die Fantasie, sie befähigt Menschen, sich die Welt auf andere Art vorzustellen. Kulturschaffende sind auch oft diejenigen, die Aktionen wie Proteste initiieren und artikulieren und Werkzeuge für Selbstorganisation entwickeln.

Sabina Sabolović: Die Werte, um die es eigentlich geht, sollten von Fragen hinsichtlich Gleichheit bestimmt sein. Wir brauchen persönliches, politisches und künstlerisches Engagement und Antworten auf die gewaltigen Herausforderungen unserer Zeit. Ich bin weder idealistisch noch naiv, was die Rolle der Kunst in diesem Prozess betrifft. Aber ihre Rolle ist dennoch wichtig. Anlässlich dieser Ausstellung hatten wir die Möglichkeit, mit vielen fantastischen KünstlerInnen, VisionärInnen, ja gewisserweise KünstlerphilosophInnen zu arbeiten. Sie bieten uns keine Heilmittel oder Lösungen, aber sie lehren uns, zu sehen. Deshalb wählten wir Mladens Zitat als Titel der Ausstellung: „My Sweet Little Lamb (Everything we see could also be otherwise)“. Sein Text ist zugleich humorvoll, absurd und poetisch. Er gehört zu einer Zeichnung eines kleinen Schweins (kein Lamm). Es ist eine Metapher für das gegenwärtige Leben und die Politik, mit der wir derzeit konfrontiert sind.

Viele Daten stehen uns heute zur Verfügung: über die globale Erwärmung, die aktuelle Politik etc. Und doch weigern sich die Menschen noch immer, zu sehen, was vor sich geht. Die Herausforderung, klarer zu sehen, ist der erste Schritt, um die Politik, die Institutionen und uns selbst zu ändern.

Wird die Ausstellung eine nachhaltige Wirkung haben?

Ana Dević: Momentan sind wir sehr pessimistisch. In Kroatien beobachten wir einen völligen Zusammenbruch der Institutionen. Das Audiovisuelle Zentrum Kroatiens etwa hat vor einigen Jahren großartige Arbeit für die Produktion zeitgenössischer experimenteller künstlerischer Filme geleistet. Heute ist es von der extremen Rechten in Beschlag genommen. Wird unser Projekt eine langfristige Wirkung haben? Das ist schwierig zu sagen. Was ich mit Sicherheit weiß, ist, dass diese enge Verbindung zwischen Menschen auf lokaler und internationaler Ebene bleiben wird. In diesem Sinne hat es sich ausgezahlt.

Sabina Sabolović: In Zeiten anhaltender Notlagen, Brüche und Explosionen aller Art ist eine Bemühung in Richtung Kontinuität äußerst wichtig. Die Menschen begrüßen es, dass es Kulturschaffende gibt, die darum kämpfen, Raum zu öffnen, um in Dialog zu treten, sich auszutauschen und voneinander zu lernen. Wir brauchen einen Raum, der einen sicheren Ort für Konflikte und Meinungsverschiedenheiten, für neue Fragen bietet. Hätte man mir vor zehn Jahren gesagt, dass ich heute den elementaren Raum für die Pluralität der Meinungen verteidigen werde, so hätte ich geantwortet: „Ich bitte Sie, dieser Kampf ist vorbei!“ Aber genau das tun wir jetzt. Und wir geben diesen Kampf nicht auf. Es ist ein äußerst wichtiger Raum, den man schaffen und erhalten muss.

Mladen Stilinović
Red – Pink, 1975/1976
Queen (1), 1976
© Kontakt. The Art Collection of Erste Group and ERSTE Foundation

My Sweet Little Lamb (Everything we see could also be otherwise)
Eine Ausstellungsreihe basierend auf der Kontakt Kunstsammlung, Mladen Stilinović gewidmet

Erste Episode
4. November – 10. Dezember 2016
Halil Altindere, Heimrad Bäcker, Mária Bartuszová, Geta Brătescu, Dimitrije Bašičević Mangelos, Stano Filko, Oliver Frljić, Ivan Ladislav Galeta, Marcus Geiger, Ion Grigorescu, Tomislav Gotovac, Sanja Iveković, Běla Kolářová, Július Koller, Ivan Kožarić, Edward Krasiński, KwieKulik, Katalin
Ladik, Karel Malich, Dezsö Magyar, Vlado Martek, Dalibor Martinis, Dóra Maurer, Jan Mlčoch, Paul Neagu, Roman Ondák, Goran Petercol, Hans Scheirl, Mladen Stilinović, Petr Štembera, Slaven Tolj, Goran Trbuljak, Wu Tsang

Zweite Episode
29. November – 22. Dezember 2016
Geta Brătescu, Anna Daučíková, Tim Etchells, VALIE EXPORT, Tomislav Gotovac, Ion Grigorescu, Tibor Hajas, Nikolay Oleynikov, Ewa Partum, Mladen Stilinović, Artur Żmijewski

Dritte Episode
15. Dezember 2016 – 4. Februar 2017
BADco., Chto Delat, Keti Chukhrov, Sanja Iveković, Eva Koťátková, KwieKulik, Ashley Hans Scheirl, Mladen Stilinović

Vierte Episode
17. Februar – 25. März 2017
Đorđe Andrejević Kun, Josef Dabernig, Ion Grigorescu, Sanja Iveković, Gülsün Karamustafa,
Július Koller, Jiří Kovanda, Ivan Kožarić, Vlado Kristl, Katalin Ladik, Kazimir Malevich, Slavko
Marić, Vlado Martek, Rabih Mroué, Neša Paripović, Goran Petercol, Marko Ristić, Mladen
Stilinović, Sven Stilinović, Ana Vuzdarić, Marko Gutić Mižimakov, Goran Trbuljak

Fünfte Episode
17. Februar – 18. Februar 2017
Zdenka Badovinac, Charles Esche, Kate Fowle, Katalin Ladik, Joanna Mytkowska, Manuel Pelmuş, Nikolay Punin, Erzen Shkololli, Françoise Vergès

Sechste Episode
12. April – 8. Mai 2017
Paweł Althamer, Mária Bartuszová, Pavel Brăila, Geta Brătescu, Boris Cvjetanović, Josef Dabernig, Marijan Detoni, Stanisław Dróżdż, Nika Dubrovsky, Róza El-Hassan, Miklós Erdély, Tim Etchells,
VALIE EXPORT, Stano Filko, Heinz Gappmayr, Tomislav Gotovac, Ion Grigorescu, Tina Gverović und Siniša Ilić, Sanja Iveković, Běla Kolářová, Julije Knifer, Daniel Knorr, Július Koller, Jiří Kovanda, Paweł Kwiek, Ivan Kožarić, Katalin Ladik, Victoria Lomasko, David Maljković, Karel Malich, Dorit Margreiter, Vlado Martek, Dalibor Martinis, Dóra Maurer, Karel Miler, Jan Mlčoch, Paul Neagu, OHO, Roman Ondák, Boris Ondreička/Ján Zavarský/Vít Havránek, Neša Paripović,
Cora Pongracz, Nedko Solakov, Margherita Spiluttini, Tamás St. Auby, Mladen Stilinoviċ, Sven
Stilinović, Petr Štembera, Raša Todosijević, Slaven Tolj, Milica Tomić, Goran Trbuljak, Mona
Vătămanu und Florin Tudor, Clemens von Wedemeyer, Lois Weinberger, Heimo Zobernig,
Želimir Žilnik

Epilog (London)
20. September–11. November 2017
Geta Brătescu, Lutz Becker, Josef Dabernig, Nika Dubrovsky, Tim Etchells, VALIE EXPORT, Stano Filko, Marcus Geiger, Tomislav Gotovac, Vlatka Horvat, Sanja Iveković, Běla Kolářová, Július Koller, Jiří Kovanda, KwieKulik, Katalin Ladik, Dora Maurer, Oscar Murillo, David Maljković, Paul Neagu, Neša Paripović, Ewa Partum, Manuel Pelmuş, Cora Pongracz, Ashley Hans Scheirl, Mladen Stilinović, Petr Štembera, Goran Trbuljak, Mona Vătămanu and Florin Tudor, Stephen Willats

Ausstellungsorte in Zagreb:
Apartment Softić, Booksa, Cinema Tuškanac, DAZ, Galerie Forum, Galerie Greta, Galerie Nova, Galerie Vladimir Nazor, GMK, HDLU/Kroatische Künstlervereinigung, Institute for Contemporary Art, Tomislav Gotovac Institut, Sanja Iveković Archiv, POGON-Jedinstvo, SC Galerie

Ausstellungsort in London:
The Showroom

 

“Vom Leben im Krieg für den Frieden lernen.”

“Proletarier aller Länder, wer wäscht eure Socken?”

“Zeit, Wachstum neu zu denken”

“Es sind die Eliten, die sich gegen die Demokratie wenden, nicht das Volk.”

“Vom Leben im Krieg für den Frieden lernen.”

“Proletarier aller Länder, wer wäscht eure Socken?”

“Zeit, Wachstum neu zu denken”

“Gerechtigkeit kann nicht warten.”

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