{"id":8323,"date":"2022-09-08T16:22:23","date_gmt":"2022-09-08T16:22:23","guid":{"rendered":"https:\/\/tippingpoint.net\/?p=8323"},"modified":"2022-11-22T11:54:00","modified_gmt":"2022-11-22T11:54:00","slug":"das-verwunschene-land-hinter-dem-wald","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/tippingpoint.net\/de\/das-verwunschene-land-hinter-dem-wald\/","title":{"rendered":"Das verwunschene Land hinter dem Wald"},"content":{"rendered":"\n\n\t\n\t\t\t
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\n\tUnber\u00fchrte Natur, uralte W\u00e4lder, malerische D\u00f6rfer: Die Karpaten liegen im Herzen von Rum\u00e4nien, ein letztes St\u00fcck Wildnis mitten in Europa \u2013 ein gr\u00fcner Schatz, den es zu sch\u00fctzen gilt.<\/strong><\/p>\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n\n\n\n\n\t\n\t\t\t

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\n\tNebel hat sich zwischen den B\u00e4umen verfangen. Die \u201eBallerina der Berge\u201c weist den Weg, die Kapuze tief \u00fcber den Kopf gezogen. Geschmeidig bewegt sich Simona Bordea zwischen den Felsen, als w\u00fcrde sie schweben. Leichtf\u00fc\u00dfig weicht sie Pf\u00fctzen aus, beh\u00e4nde springt sie \u00fcber Wurzeln und Steine, t\u00e4nzelt dem Bergkamm entgegen. Pl\u00f6tzlich bleibt sie wie angewurzelt stehen. \u201eErkennt ihr, wer hier vor uns entlang spaziert ist?\u201c Sie beugt sich zu einem un\u00fcbersehbaren H\u00e4ufchen. \u201ePilze standen auf dem Speiseplan \u2013 und Blaubeeren. Ein Feinschmecker, dieser Braunb\u00e4r.\u201c Sie lacht. \u201eVielleicht sind im Schlamm noch Abdr\u00fccke seiner Tatzen zu entdecken.\u201c<\/p>\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n\n\n\n\n\t\n\t\t\t

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\n\tWer durch die rum\u00e4nischen F\u00e3g\u00e3ra\u0219-Berge in den s\u00fcdlichen Karpaten geht, begegnet oft keiner Menschenseele. Doch wilde Tiere sind immer in der N\u00e4he. Ihre Spuren verraten die W\u00f6lfe und Luchse, die Wildschweine und F\u00fcchse. Rund 5000 Braunb\u00e4ren streifen hier durch das Unterholz. So viele wie nirgendwo sonst in Europa. Simona Bordea ist ein Kind der Region, f\u00fcr die \u201eFunda\u0163ia Conservation Carpathia\u201c arbeitet sie als Tourismusmanagerin und Wanderf\u00fchrerin. Ihre Leidenschaft ist es, Menschen den Zauber ihrer Heimat zu zeigen, sie mitzunehmen auf eine Reise zu einem der letzten wilden Flecken Europas. <\/p>\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n\n\n\n\n\t\n\t\t\t

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\n\tRund 5000 Braunb\u00e4ren streifen durch die W\u00e4lder Transsilvaniens. So viele wie nirgendwo sonst in Europa. Wer genau hinschaut, findet ihre Spuren. Nicht immer ist es gewiss, dass man auch einen zu Gesicht.<\/p>\t<\/figcaption>\n<\/figure>\n\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n\n\n\n\n\t\n\t\t\t

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\n\tWann immer die 34-j\u00e4hrige Simona Bordea bei ihren vielen Reisen in die USA, in Asien, beim Pilgern auf dem Jakobsweg erz\u00e4hlte, woher sie stammt, witzelten alle nur \u00fcber Graf Dracula. Heute zeigt Bordea Menschen aus der ganzen Welt, dass ihre Heimat mehr zu bieten hat als blutr\u00fcnstige Legenden. \u201eDas Land hinter dem Wald\u201c, bedeutet Transsilvanien \u00fcbersetzt. Ein rund 100.000 Quadratkilometer gro\u00dfer Landstrich mitten in Rum\u00e4nien, zwischen Ungarn und dem Schwarzen Meer. Umschlossen von den Karpaten, einem 1300 Kilometer langen Gebirgszug mit uralten B\u00e4umen, wo das gr\u00f6\u00dfte zusammenh\u00e4ngende Waldgebiet Europas steht. Zwei Drittel der verbliebenen Urw\u00e4lder des Kontinents liegen hier. wo kilometerweit keine Siedlung zu finden ist, keine Stra\u00dfe die Natur zerschneidet. Es ist die Hoffnung von Menschen wie Bordea, mit gr\u00fcnem Tourismus, \u00f6kologisch und nachhaltig, aufmerksam zu machen auf die Wunder dieser Wildnis. Und auf die Zerbrechlichkeit.<\/p>\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n\n\n\n\n\t\n\t\t\t

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\n\t\u201eDas Land hinter dem Wald\u201c, bedeutet Transsilvanien \u00fcbersetzt. Ein rund 100.000 Quadratkilometer gro\u00dfer Landstrich mitten in Rum\u00e4nien, zwischen Ungarn und dem Schwarzen Meer.<\/p>\t<\/figcaption>\n<\/figure>\n\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n\n\n\n\n\t\n\t\t\t

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\n\tWir folgen Simona Bordea einen schmalen Weg entlang. Auf einer Lichtung, umgeben von Wald, fern der Zivilisation steht die kleine Blockh\u00fctte Bunea, mit Blick \u00fcber den Pecineagu-See, der in der D\u00e4mmerung verschwindet. Der Vollmond taucht den Wald in silbrig-milchiges Licht. Der Nebel l\u00e4sst die B\u00e4ume wie schwarze Zacken aus der wei\u00dfen Decke ragen. Aus der Ferne r\u00f6hren Rothirsche dumpf. In der Blockh\u00fctte entfacht Simona Bordea ein Feuer, z\u00fcndet Kerzen an. In der H\u00fctte gibt es keinen Strom, keinen Handyempfang. Simona schneidet R\u00e4ucherk\u00e4se, s\u00e4belt Brot ab, schenkt Wein ein. Was die Landwirte in den kleinen D\u00f6rfern rundherum produzieren \u2013 eingelegtes Gem\u00fcse, Wurst, Brot, Heidelbeer-Marmelade \u2013, das landet auf den Tellern der Touristen, die aus den H\u00fctten beobachten, was es zu bewahren gilt: die rum\u00e4nische Natur.<\/p>\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n\n\n\n\n\t\n\t\t\t

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\n\tIn einer kleinen und einfach Blockh\u00fctte wird den Touristen serviert, was die Landwirte in den D\u00f6rfern rundherum produzieren. Mit gr\u00fcnem Tourismus hofft man, \u00f6kologisch und nachhaltig, aufmerksam zu machen auf die Wunder dieser Wildnis. Und auf die Zerbrechlichkeit.<\/p>\t<\/figcaption>\n<\/figure>\n\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n\n\n\n\n\t\n\t\t\t

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\n\tDie G\u00e4ste, die hier die N\u00e4chte verbrachten, haben Aufzeichnungen hinterlassen: B\u00e4r gesichtet: \u201eBig Boss\u201c. W\u00f6lfe. F\u00fcchse. Ein Luchs. Jede Beobachtung ist fein s\u00e4uberlich aufgef\u00fchrt, versehen mit der Uhrzeit. Hinter Ferngl\u00e4sern warten wir darauf, dass sich etwas regt. Doch es bleibt ruhig. \u201eDie Wildnis vergibt keine B\u00e4ren-Garantie\u201c, sagt Bordea. \u201eWir k\u00f6nnen nie versprechen, dass sich ein Tier zeigt.\u201c<\/p>\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n\n\n\n\n\t\n\t\t\t

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\n\tAm n\u00e4chsten Morgen ziehen wir weiter, durch Simona Bordeas \u201eZauberwald\u201c, wie sie ihn nennt, vorbei an den vielen uralten Buchen. Viele der Riesen ragen 40 Meter in die H\u00f6he, sind mehr als 400 Jahre alt. \u201eWenn ich mir vorstelle, was diese B\u00e4ume alles miterlebt haben, werde ich and\u00e4chtig\u201c, sagt sie. \u201eIm Wald komme ich bei mir an, hier zu spazieren ist meine Meditation.\u201c Sie bleibt an einem der B\u00e4ume stehen. \u201eAlles ist miteinander verbunden\u201c, sagt sie. \u201eJeder Ast, jedes Pfl\u00e4nzchen, jeder Pilz erf\u00fcllt eine Funktion. Die B\u00e4ume kommunizieren miteinander.\u201c Sie atmet tief ein.<\/p>\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n\n\n\n\n\t\n\t\t\t

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\n\tBuchenw\u00e4lder bedeckten einst weite Teile Europas, heute sind sie weitgehend verschwunden. Nirgendwo sonst auf dem Kontinent haben sich so gro\u00dfe Fl\u00e4chen mit Urwald erhalten wie in den Karpaten.<\/p>\t<\/figcaption>\n<\/figure>\n\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n\n\n\n\n\t\n\t\t\t

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\n\tBuchenw\u00e4lder bedeckten einst weite Teile Europas, heute sind sie weitgehend verschwunden. Nirgendwo sonst auf dem Kontinent haben sich so gro\u00dfe Fl\u00e4chen mit Urwald erhalten wie in den Karpaten. 2011 ernannte die Unesco die urt\u00fcmlichen Buchenw\u00e4lder zum Weltnaturerbe: so wertvoll, dass die Staaten, auf deren Grund sie wachsen, gemeinsam die Verantwortung tragen, es zu bewahren. Doch der Schatz ist bedroht, die Zerst\u00f6rung schreitet voran. In den letzten Jahrzehnten wurden Rum\u00e4niens W\u00e4lder massiv abgeholzt. Die Nachfrage nach billigem Holz steigt \u2013 auch aus Westeuropa.<\/p>\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n\n\n\n\n\t\n\t\t\t

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\n\tIn seinem Gel\u00e4ndewagen brettert Mihai Zotta \u00fcber die schlammigen Pisten durch den Wald. Der technische Direktor der Foundation Conservation Carpathia, ein Kollege von Simona Bordea, zeigt, wo sich die Verw\u00fcstung in die Landschaft gegraben hat. Er ist ein gro\u00dfer Mann, die M\u00fctze hat er tief \u00fcber seine Glatze gezogen. Sorgenvoll blickt er auf die Verw\u00fcstung, Baumst\u00fcmpfe, die der Nebel verschluckt, soweit das Auge reicht. Holzfirmen sehen in den W\u00e4ldern nur eines: Bretter, Bauholz und M\u00f6bel. \u201eDabei lassen sich die uralten Buchen mit morschem Kern kaum verarbeiten\u201c, sagt Zotta. \u201eAus ihnen wird Brennholz. Der \u00f6kologische Wert hingegen ist unbezahlbar. Dass der wahre Schatz unser Wald ist, das sehen viele nicht.\u201c<\/p>\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n\n\n\n\n\t\n\t\t\t

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