{"id":3676,"date":"2020-01-04T00:00:00","date_gmt":"2020-01-04T00:00:00","guid":{"rendered":"https:\/\/erste-foundation.byinfinum.co\/die-titanic-geht-nicht-unter\/"},"modified":"2021-07-07T13:39:04","modified_gmt":"2021-07-07T13:39:04","slug":"die-titanic-geht-nicht-unter","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/tippingpoint.net\/de\/die-titanic-geht-nicht-unter\/","title":{"rendered":"Die Titanic geht nicht unter."},"content":{"rendered":"\n\n\t\n\t\t\t
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\n\tWarum lebt in Wien ein Mensch auf der Stra\u00dfe? Hilft ihm niemand oder l\u00e4sst er sich nicht helfen? Ein Jahr mit G\u00fcnter<\/strong><\/p>\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n\n\n\n\n\t\n\t\t\t

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\n\t“Mit der Nacht kommen die Kr\u00e4mpfe. Wie Feuer brennt das. Schmerzen in den Armen. Schmerzen in den Beinen. Ich krieg keine Luft. Das ist das Schlimmste. Am Himmel such ich den Abendstern. An dem halt ich mich fest. Ich bete, dass mich Gott vom Leid befreit. Am liebsten w\u00fcrd ich rauf in den Himmel. Zur Mutter. Sie ist damals an Krebs gestorben. Geschrien hat sie vor Schmerzen Tag und Nacht. Besser w\u00e4r, ich w\u00e4r auch schon weg. Wenn die Kr\u00e4mpfe kommen, muss ich aufstehen. Hat mir der Arzt erkl\u00e4rt. Arme und Beine gerade biegen. Atmen. Zigarettenstummel hab ich noch und Zeitungspapier f\u00fcr den Tabak. Ich mag den Geschmack von Druckerschw\u00e4rze. Ich wei\u00df auch nicht, warum. Sticht in der Lunge und im Magen. Egal. Ich muss gehen.”<\/em><\/p>\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n\n\n\n\n\t\n\t\t\t

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\n\tWinter<\/strong>

G\u00fcnter Josef Lechner wohnt am Wiener Donaukanal in einem W\u00e4ldchen nicht weit vom Pferdeleberk\u00e4sestand. Im Winter verbringt er viel Zeit im Liegen, er d\u00f6st auf einer Bank einfach vor sich hin. Eine Decke umh\u00fcllt den K\u00f6rper. Ein Bart bedeckt viel vom Gesicht. Eine lange Narbe ziert die Nase. Mehr sieht man von ihm nicht. Die Schuhe stehen parallel unter seinem Lager, eine Kr\u00fccke lugt hervor, ein Koffer, Plastiks\u00e4cke und Papier. Ein Feuerzeug entz\u00fcndet eine Zigarette. \u201eServas\u201c, sagt er mit rauer Stimme, er ist mit jedem gleich per du. Am Ende eines Satzes lacht G\u00fcnter oft in sich hinein. Zum Sitzen bietet er Besuchern \u2013 in Abstand einer Arml\u00e4nge \u2013 einen Baumstumpf an. 59 Jahre ist G\u00fcnter alt, seit f\u00fcnf Jahren lebt er auf der Stra\u00dfe. Er stammt aus Enzenreith am Schrammelteich, einer kleinen Gemeinde in Nieder\u00f6sterreich. Fr\u00fcher hat er gern gebastelt und Modellschiffe gebaut. Er schw\u00e4rmt von der Titanic und davon, wie er in ihrem Innenraum L\u00e4mpchen installierte mit der Pinzette. Seine Z\u00e4hne zog er mit der Zange. \u201eNur einen hab\u2019 ich noch.\u201c Das neue Jahr z\u00e4hlt keine drei Wochen. Das Thermometer misst zehn Grad Minus. Kalt, sagt G\u00fcnter, sei ihm nicht.<\/p>\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n\n\n\n\n\t\n\t\t\t

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\n\tG\u00fcnter Josef Lechner im J\u00e4nner 2017 auf seinem Bankerl am Donaukanal. Foto: \u00a9 Nina Strasser<\/p>\t<\/figcaption>\n<\/figure>\n\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n\n\n\n\n\t\n\t\t\t

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\n\tWie viele Menschen auf Wiens Stra\u00dfen leben, wei\u00df keiner so genau. Im Winter 2016\/17 bieten die Notquartiere rund 1.100 Betten an, die laut Fonds Soziales Wien meist ausgelastet sind. Die Caritas r\u00fcckt nachts, von Passanten alarmiert, mit Kleinbussen aus, um viele dieser Menschen einzusammeln. Manche steigen dankbar ein, andere nehmen nicht einmal einen Schlafsack an. G\u00fcnter kennt man ohnehin. Bis zum Herbst hat er oft die Gruft, eine Wiener Hilfseinrichtung, besucht. Dort k\u00f6nnen t\u00e4glich bis zu 400 Menschen gratis essen, f\u00fcr rund 70 Obdachlose stehen Stockbetten bereit. G\u00fcnter wusch f\u00fcr andere die W\u00e4sche, putzte Fenster, kochte gern. Mit der D\u00e4mmerung war er stets dahin. \u201eDie vielen Leute halt\u2019 ich nicht aus.\u201c Dann kam er auch untertags nicht mehr. Als ihn die Sozialarbeiterinnen im J\u00e4nner am Donaukanal wiederfinden, nimmt er nur die warme Suppe an. Mitkommen will er keinesfalls. \u201eIch bin gern in der Natur.\u201c G\u00fcnter redet sich die Welt gern sch\u00f6n. Notfalls hilft ihm Alkohol.<\/p>\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n\n\n\n\n\t\n\t\t\t

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\n\tEin Gespr\u00e4ch beginnt G\u00fcnter stets mit dem dringlichsten seiner Probleme. Im Winter sind das stets die Ratten. Sie kommen aus vier L\u00f6chern \u2013 in jeder Himmelsrichtung eines. G\u00fcnters Parkbank bildet den Kreuzungspunkt ihrer Trampelpfade. Die gro\u00dfen Viecher seien halb so schlimm, sagt er. \u201eBei\u00dfen tun nur die kleinen.\u201c Jeden Br\u00f6sel holen sie sich, selbst wenn er die Pizza am K\u00f6rper tr\u00e4gt. In der Nacht besucht ihn oft sein Freund, der Fuchs. Der Biber ist ein seltener Gast. Schlecht ist, wenn er sich an G\u00fcnters Baum zu schaffen macht. Am Tag flattert das \u201eZwetschgerl\u201c, das Rotkehlchen, vorbei. Auch die Menschen kommen nahe: Frauen, die in die B\u00fcsche pinkeln, ab und zu ein Liebespaar. \u201eSehr oft schaut die Polizei vorbei.\u201c Rund um G\u00fcnters Lager schleichen Drogendealer. Einer dieser jungen M\u00e4nner schenkt G\u00fcnter nebst Zigaretten hier und da auch einen Euro. Er ist illegal im Land, zu arbeiten ist ihm hier verboten. Die Gesch\u00e4fte laufen dennoch gut, eine Wohnung, sagt er, k\u00f6nne er sich locker leisten. Dass in einem reichen Land wie \u00d6sterreich ein alter Mann auf der Stra\u00dfe schl\u00e4ft, versteht der Dealer nicht.<\/p>\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n\n\n\n\n\t\n\t\t\t

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\n\tObdachlose in Wien<\/h2>\n\t
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\n\tDie Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAWO) ging Ende 2017 von etwa 6.000 Obdach-und Wohnungslosen in Wien aus. Diese Angabe beruht auf der Anzahl von Menschen, die mindestens eine Nacht in einer Notunterkunft oder sozialen Einrichtung verbracht haben.

Doch jene, die diese Angebote nicht in Anspruch nehmen, scheinen in der Statistik nicht auf. Laut dem Fonds Soziales Wien (FSW) wurden im Jahr 2016 im Beratungszentrum Wohnungslosenhilfe 4.640 Antr\u00e4ge gestellt, 780 dieser Antr\u00e4ge betrafen Familien.<\/p>\n\t<\/div>\n<\/div>\n\t<\/div>\n\n<\/div>\n\n\n\n

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\n\tManchmal besitzt G\u00fcnter gen\u00fcgend Geld, um sich eine Nacht im Hotel zu leisten. Dort will er vor allem duschen, denn er geniert sich, wenn er stinkt. Ein Zimmer zu buchen, ist sehr schwierig, weil er keinen Ausweis hat. Vor Wochen hat ihm ein R\u00e4uber alle Dokumente abgenommen. Ein Sozialarbeiter der Caritas \u00fcberredet ihn, die Probleme anzupacken. Das bedeutet Zettelwirtschaft, und G\u00fcnter muss auf von ihm verhasste \u00c4mter gehen. Streetworker begleiten ihn. \u201eDoch \u00fcberwinden muss ich mich allein.\u201c F\u00fcr die Duplikate braucht er Bares. Vom Sozialamt werden ihm rund 840 Euro Mindestsicherung vorgestreckt. F\u00fcr drei Euro kauft er Schuheinlagen, f\u00fcr vier besorgt er eine Lesebrille. Dann holt er sich ein St\u00fcck Identit\u00e4t vom Pfandverleih in Wiener Neustadt zur\u00fcck: die alte Uhr, den Siegelring, die Goldkette mit dem G-Anh\u00e4nger. Die 50 Kilometer zur\u00fcck zu seinem Donaukanal-Bankerl legt er zu Fu\u00df zur\u00fcck. Die Laune ist kurz beschwingt. \u201eDen Ausweis hab\u2019 ich halt noch nicht.\u201c<\/p>\t<\/div>\n\n<\/div>\n\n<\/div>\n\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n\n\n\n\n\t\n\t\t\t

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\n\tAls der Winter langsam endet, kommt der Fuchs nicht mehr vorbei, die Ratten werden tr\u00e4chtig, und das Zwetschgerl l\u00e4sst sich nicht mehr blicken. Pl\u00f6tzlich ist auch G\u00fcnter fort. Die Decken und die Kleiderhaken h\u00e4ngen noch zwei Wochen auf den \u00c4sten, dann entsorgt sie die M\u00fcllabfuhr.<\/p>\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n\n\n\n\n\t\n\t\t\t

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\n\tFr\u00fchling<\/strong>

Am Gau\u00dfplatz, wo der zweite und der 20. Bezirk aneinandergrenzen, sitzt G\u00fcnter fr\u00fchmorgens auf seinem Lieblingsbankerl. Er wartet auf die Reinigung der \u00f6ffentlichen Toilette. Nach manchen N\u00e4chten liegen Spritzen drin, manchmal findet sich ein Mensch. Aus einer Plastikflasche trinkt G\u00fcnter L\u00f6skaffee, kalt, schwarz und ohne Zucker. Dazu raucht er Zeitungspapier-Zigaretten und liest in einem Gratisblatt. Er lauscht Radio Nieder\u00f6sterreich, das ist sein Lieblingssender. Das Empfangsger\u00e4t, sagt er, habe ihm ein Einbrecher geschenkt. \u00dcber ihm hocken Kr\u00e4hen, neben ihm sitzt \u201edie Gefesselte\u201c. So nennt er eine Taube, die Dr\u00e4hte um die Beine geschlungen hat. Eine Frau winkt ihm jeden Tag nackt vom Fenster. Ein Mann passiert ihn stets zur gleichen Zeit – im Mund eine Zigarette, die nie brennt. G\u00fcnter kennt jeden Hund, der in dieser Gegend Gassi geht. \u201eDoch am liebsten mag ich den Chow-Chow.\u201c An den Tischen versammeln sich Kartenspieler, den Spielplatz bev\u00f6lkern Kinder. Im Fr\u00fchling bezieht G\u00fcnter hier sein neues Nachtquartier.<\/p>\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n\n\n\n\n\t\n\t\t\t

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\n\t“Mit der Nacht kommen die Kr\u00e4mpfe.” Foto: \u00a9 Nina Strasser<\/p>\t<\/figcaption>\n<\/figure>\n\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n\n\n\n\n\t\n\t\t\t

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\n\tAn den Donaukanal traut er sich nicht zur\u00fcck. Zu schlimm war das Erlebte. Es war Nacht, er h\u00f6rte nichts, den Schlag, sagt er, habe er nicht kommen sehen. \u201eAm schlimmsten hat es die Hand erwischt.\u201c Auch am Kopf habe es gescheppert. Eine Tasche stahl der Mann, den Goldschmuck hat er \u00fcbersehen. Die Frau, die G\u00fcnter fand, rief sofort die Rettung an. Nur kurz blieb er im Krankenhaus, dann zog G\u00fcnter in ein Hotel, das ihn ohne Ausweis nahm. 75 Euro zahlte er pro Tag, so war das Geld schnell aufgebraucht. Dann legte er sich am Gau\u00dfplatz auf die Bank und fror sich durch die N\u00e4chte. Als ihn die Streetworker finden, hat ihn die Lungenentz\u00fcndung fast erledigt. Jetzt liegt er im Krankenhaus und bekommt in dieser Zeit, seinen Ausweis zugestellt. Ein Mitarbeiter vom Fonds Soziales Wien reicht einen Antrag auf eine feste Unterkunft f\u00fcr ihn ein. G\u00fcnter will nicht in ein Heim. \u201eNur Ausl\u00e4nder und Scherereien.\u201c Trotzdem beginnt er zu hoffen, dass er ein Zimmer zugewiesen kriegt. Im Krankenhaus kann er nicht bleiben. Er muss wieder in die Eisesk\u00e4lte. Die Beine k\u00f6nnen ihn kaum tragen. Zum Gau\u00dfplatz hinkt G\u00fcnter am Rollator.<\/p>\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n\n\n\n\n\t\n\t\t\t

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\n\tIch muss gehen. Foto: \u00a9 Nina Strasser<\/p>\t<\/figcaption>\n<\/figure>\n\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n\n\n\n\n\t\n\t\t\t

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\n\tIn Mattersburg liegt G\u00fcnters letzte Wohnadresse, dort lebte er mit einer Frau. Betrogen habe sie ihn, sagt er, da habe er die Stadt verlassen. \u201eNur weit weg, egal, wohin.\u201c Schon in Wien war Endstation. Von da an lebte er im Freien, ohne Job, mit wenig Geld. Die Freunde riefen ihn noch an, bis jemand ihm das Handy klaute. Beim AMS schaute G\u00fcnter zwar vorbei. \u201eDoch die wollten viel zu viel von mir.\u201c So blieben Zahlungen an ihn aus. Die Stadt Wien konnte nichts f\u00fcr ihn tun \u2013 zust\u00e4ndig ist das Bundesland, in dem man zuletzt hauptgemeldet war. In G\u00fcnters Fall das Burgenland. Um jemanden, der weder Geld noch Anspruch darauf hat, k\u00fcmmert sich die Caritas. Das h\u00e4lt den Menschen zwar am Leben, wohnen kann er trotzdem nicht. Um Sozialleistungen zu erhalten und eine Unterkunft der Stadt gilt es Staatsb\u00fcrger zu sein oder \u00d6sterreicher-Status zu besitzen. Allerdings gilt es zu belegen, dass Wien der Lebensmittelpunkt ist. Seit f\u00fcnf Jahren lebt G\u00fcnter in der Stadt, seit zwei ist er bei der Gruft gemeldet. So bleibt es im Ermessen der Beamten, was sie ihm gew\u00e4hren. G\u00fcnters Stimmung wechselt je nach Wetterlage. Dann wird er wieder \u00fcberfallen. \u201eUm die Halskette tut es mir leid.\u201c<\/p>\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n\n\n\n\n\t\n\t\t\t

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\n\tWer gilt als obdachlos?<\/h2>\n\t
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\n\tAls obdachlos werden Menschen bezeichnet, die auf der Stra\u00dfe oder auf \u00f6ffentlichen Pl\u00e4tzen wohnen. Als wohnungslos gilt, wer in einer Einrichtung mit begrenzter Aufenthaltsdauer lebt, etwa in einem \u00dcbergangswohnheim, einer Schutzeinrichtung oder in einem organisierten Quartier.

In die Kategorie des ungesicherten Wohnens fallen Menschen, die von einer Delogierung bedroht sind, sowie Obdach- oder Wohnungslose, die vor\u00fcbergehend bei Verwandten oder Bekannten unterkommen. Ungen\u00fcgend zu wohnen, bedeutet, in einer notd\u00fcrftigen Behausung zu leben. Dieser Gruppe geh\u00f6ren u. a. Hausbesetzer an.<\/p>\n\t<\/div>\n<\/div>\n\t<\/div>\n\n<\/div>\n\n\n\n

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\n\tG\u00fcnter w\u00fcnscht sich eine Bleibe. \u201e200 Euro soll sie kosten. In der N\u00e4he soll sie sein.\u201c In Wien stehen rund 35.000 Wohnungen leer; eine davon beim Gau\u00dfplatz um die Ecke, im Parterre. Durch die verdreckte Fensterscheibe wirft G\u00fcnter t\u00e4glich einen Blick hinein. Der Boden ist herausgerissen, Kabel baumeln von der Decke. Als er bei der Immobilienfirma anfragt, hei\u00dft es, die Miete k\u00f6nne er sich eh nicht leisten. \u201eGeld\u201c, sagt G\u00fcnter, \u201eist mir sowieso egal.\u201c Vom AMS bekommt er inzwischen Unterst\u00fctzung, sein Anspruch ist noch nicht verj\u00e4hrt. Das Sozialamt hat ihn als Wiener akzeptiert, so kommt er mit der Zusatzzahlung auf insgesamt rund 840 Euro \u2013 die H\u00f6he der Mindestsicherung. Gerne kauft er Frauen Rosen oder l\u00e4dt sie auf Getr\u00e4nke ein. Er will eisern auf ein Luftbett sparen. Und in einem Gesch\u00e4ft hat G\u00fcnter ein Titanic-Modell entdeckt. Der Fr\u00fchling geht in den Sommer \u00fcber, als ihm der Fonds Soziales Wien den Antrag auf F\u00f6rderung einer Leistung der Wiener Wohnungslosenhilfe genehmigt. Zur Feier zwitschert er im Park ein Bier. Nun noch bei der Post das Geld abholen, die letzte Nacht unter freiem Himmel will G\u00fcnter noch genie\u00dfen.<\/p>\t<\/div>\n\n<\/div>\n\n<\/div>\n\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n\n\n\n\n\t\n\t\t\t

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\n\tDoch tags darauf zieht er nicht in das f\u00fcr ihn reservierte Zimmer ein. Er n\u00e4chtigt auf der Parkbank und spuckt Schleim. Das Geld sei weg, sagt er, geklaut. \u201eSch\u00f6ne blaue Augen hat sie gehabt.\u201c Sein Blick sucht den Abendstern. \u201eBesser w\u00e4r\u00b4, ich w\u00e4r\u2019 schon weg.\u201c<\/p>\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n\n\n\n\n\t\n\t\t\t

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\n\t“Die beste Zeit ist um vier in der Fr\u00fch. Da kommen die Betrunkenen aus den Diskos im ersten Bezirk. Denen f\u00e4llt das Geld einfach aus der Tasche. Betteln tu ich nicht. Wie die damals den Stephansdom gebaut haben, w\u00fcrd ich gern wissen. Am Schwedenplatz verkaufen sie Pizza. Was \u00fcbrig bleibt, wird weggeschmissen. Ich hol die Pizza eben aus dem M\u00fcll. Egal. Schmeckt besser als die Armensuppe am Praterstern. Nur die Linsensuppe kann man essen, die ist nicht nur mit Salz und Pfeffer. Im Prater findet man am meisten. Ein Standbesitzer wickelt die W\u00fcrstel in Alufolie ein, bevor er sie in den K\u00fcbel haut. Meistens war der Dachs vor mir dort. Der geht die gleiche Runde. Im Brunnen hab ich schon viel gefunden. Die Touristen hauen M\u00fcnzen rein wie wild. Aber nur Kupfergeld. Das zieht beim Gehen die Hose runter. Am Donaukanal bleibt viel liegen. In der Fr\u00fch sammelt eine alte Frau die leeren Flaschen ein. Das t\u00e4te ich mir nicht an.”<\/em><\/p>\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n\n\n\n\n\t\n\t\t\t

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\n\tSommer<\/strong>

Zwei Kilometer hinter dem Hauptbahnhof, in einer grauen Gasse, befindet sich eines der \u00dcbergangswohnh\u00e4user f\u00fcr Obdachlose der Wiener Wohnungslosenhilfe. Schon 1887 beheimatete die G\u00e4nsbachergasse eine Armenanstalt, 1989 er\u00f6ffnete die Stadt Wien das Haus auf Nummer sieben. Rund 280 Menschen leben hier. Im Keller befindet sich ein Bewegungsraum mit ein paar Hanteln, f\u00fcr mehr Ger\u00e4te fehlt es an Geld. Auf der Terrasse rauchen die Bewohner, die Gartenmauer ist bunt bemalt. Hier leben Frauen, Paare und im f\u00fcnften Stock Single-M\u00e4nner. Eine Glast\u00fcre trennt den Wohnbereich vom Stiegenhaus, sie ist immer abzuschlie\u00dfen. In jeder Etage gibt es Duschen und Toiletten, einen Aufenthaltsraum und eine K\u00fcche. Das Zimmer f\u00fcllen ein Einzelbett, ein Kasten und ein Tisch. Im Sommer wohnt G\u00fcnter hier.<\/p>\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n\n\n\n\n\t\n\t\t\t

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\n\tDie Entscheidung einzuziehen, ist am Gau\u00dfplatz mit den Regentropfen gefallen. Manchmal hat selbst G\u00fcnter Gl\u00fcck. Und so kam in dem Moment der Trafikant vom Eck vorbei und verst\u00e4ndigte auf G\u00fcnters Bitte die Sozialarbeiter von der Gruft. Ein Zwischenstopp f\u00fcr neue Kleidung, schon sa\u00df er am Heim-Empfang und h\u00f6rte sich die vielen Regeln an. \u201eDas Zimmer kontrollieren die jeden Tag.\u201c Er muss p\u00fcnktlich Miete zahlen. F\u00fcr eine Unterschrift auf dem Vertrag zitterte die Hand zu arg. Der Arzt verabreichte ihm Pulver gegen Kr\u00e4mpfe und um den Magen zu beruhigen. Drei Tage schlief G\u00fcnter im Bett fast durch, dann war er wieder fit. Inzwischen kann er mit nur einer Kr\u00fccke gehen. In der K\u00fcche seines Stocks kocht er gern Eierspeise mit mindestens acht Eiern. Er duscht sich jeden Tag dreimal, sein Gesicht schmiert er nach der Rasur mit Nivea-Creme ein. Ob er bleiben will? Kann er nicht sagen. \u201eDie Natur ist mir halt am liebsten.\u201c In den N\u00e4chten zieht er weiter seine Runden, manchmal gustiert er Parkbankerl.<\/p>\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n\n\n\n\n\t\n\t\t\t

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\n\tWer lange auf der Stra\u00dfe gelebt hat, muss manches wieder lernen: In der Gesellschaft gelten schlie\u00dflich Regeln, die ihre T\u00fccken bergen. Darum will die Sozialarbeiterin G\u00fcnter regelm\u00e4\u00dfig sehen. Er bem\u00fcht sich redlich, die Vorgaben zu erf\u00fcllen. \u201eBei \u00c4mtern bin ich morgens schon vor sieben dort.\u201c Die \u00dcberweisungen des Sozialamts lassen mitunter auf sich warten. Vielleicht fehlte irgendwo ein Zettel, vielleicht verstrich irgendeine Frist. \u201eDas verstehe ich nicht.\u201c Oft kann sich G\u00fcnter Pizza kaufen, selten holt er sie aus dem M\u00fcll. Bei der Pensionsversicherung stellt er im August einen Antrag auf Fr\u00fchpension. Gearbeitet hat er sein ganzes Leben. Im Stahlwerk hat er begonnen, am l\u00e4ngsten war er Kohletr\u00e4ger. G\u00fcnter schuftete als Fassaden-Putzer. Hochspannungsmasten hat er bestiegen, bis ein Kollege brannte, hinunterfiel und starb. Als Schwerarbeiter hat er gut verdient und sich sein Kreuz ziemlich ruiniert.<\/p>\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n\n\n\n\n\t\n\t\t\t

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\n\t“Im Brunnen hab ich schon viel gefunden.” Foto: \u00a9 Nina Strasser<\/p>\t<\/figcaption>\n<\/figure>\n\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n\n\n\n\n\t\n\t\t\t

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\n\tAls G\u00fcnter die Titanic kauft, nimmt er nicht die oberste Schachtel, sondern zieht eine mittig aus dem Stapel. Den Fehler bemerkt er zu sp\u00e4t: Er nahm die Queen Elizabeth. Das sei ihm jetzt egal, sagt er und karrt mit dem Rollator die Einzelteile zum Lackieren in den Augarten. Dort sitzt er oben ohne an einem Tisch und geht wieder seinem Hobby nach. Es dudelt aus seinem Radio. Nur: \u201eElvis spielen sie so selten.\u201c G\u00fcnter redet sich die Welt gern sch\u00f6n. Dabei bemalt er Einzelteile eines Schiffsmodells. Eine Reise will er machen, in seine Heimat Enzenreith. G\u00fcnter hatte neun Geschwister. Zu den sieben, die noch leben, hat er vor Jahren den Kontakt verloren. Er spricht oft von seiner j\u00fcngsten Schwester, die er ganz besonders mag. Ob ihre Angorakatze noch lebt, fragt er sich oft. Ob sie ihn sucht, fragt er sich nicht.<\/p>\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n\n\n\n\n\t\n\t\t\t

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\n\tDie Sonne m\u00f6ge scheinen, w\u00fcnscht sich G\u00fcnter, bei seiner spontanen Wiederkehr. Kaum ist der Beschluss gefasst, scheint es immer nur zu regnen. Und als die Wetterprognose endlich passt, passiert die n\u00e4chste Katastrophe.<\/p>\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n\n\n\n\n\t\n\t\t\t

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\n\tHerbst<\/strong>

Am Schrammelteich, dort, wo G\u00fcnter als Jugendlicher auf die Boote aufpasste, vermodert jetzt das alte Gasthaus, das dem See seinen Namen gab. Im neuen gleich daneben trinken Einheimische \u00f6fters ein paar Achterl Rot. 1.942 Einwohner z\u00e4hlt Enzenreith. G\u00fcnters Familie wohnte einst zwischen Feuerwehr und Gemeindeamt. Inzwischen sind alle weggezogen, doch, wie die j\u00fcngste Schwester, nicht sehr weit. Sie lebt in Gloggnitz, ein paar hundert Meter weiter, und pflegt den Vater, 93 Jahre alt. Die Schwester hat vier Kinder, G\u00fcnter kennt nur drei davon. Seit 13 Jahren hat sie nichts mehr von ihm geh\u00f6rt. Inzwischen ist sie Gro\u00dfmutter. Bei jedem Kirtag in der N\u00e4he hat sie nach ihrem Bruder gesucht, denn als junger Mann hat G\u00fcnter auf Jahrm\u00e4rkten das Autodrom betreut. Als sie erf\u00e4hrt, dass er noch lebt, bricht sie in Freudentr\u00e4nen aus. Sie erbittet seine Nummer und ruft ihn auf seinem neuen Handy an – und fragt warum er nicht bei ihr sein k\u00f6nne.<\/p>\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n\n\n\n\n\t\n\t\t\t

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\n\t“Wie die damals den Stephansdom gebaut haben, w\u00fcrd ich gern wissen.” Foto: \u00a9 Nina Strasser<\/p>\t<\/figcaption>\n<\/figure>\n\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n\n\n\n\n\t\n\t\t\t

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\n\tG\u00fcnter hat vor der geplanten Reise einen Sprung ins Nachtleben getan. Am Heimweg in den Morgenstunden habe ihn, sagt er, ein Auto angefahren. Der Lenker sei aufs Gaspedal getreten und verschwunden. G\u00fcnter schleppte sich auf einer Kr\u00fccke in sein Zimmer und schlief sich die Promille weg. Jetzt, ein paar R\u00f6ntgenbilder sp\u00e4ter, k\u00fchlt Eis das schwer geprellte Knie. Nach dem Anruf seiner Schwester tut ihm der Unfall auch im Herzen weh. Immer, wenn er Gro\u00dfes plant, scheint sich das Schicksal gegen ihn zu wenden. Die Schwester schickt per WhatsApp Fotos aus seinem alten Leben. \u00dcber eines von der Mutter freut er sich, ihr Grab will G\u00fcnter bald besuchen. Dass der Vater lebt, sagt er, \u201eist mir egal.\u201c Der habe ihn, behauptet er, ohnehin nie richtig wollen. Die meisten der Kinder blieben lange im gro\u00dfen Haus, G\u00fcnter zog als Erster aus.<\/p>\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n\n\n\n\n\t\n\t\t\t

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\n\tHilfe in Wien<\/h2>\n\t
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\n\tIn Wien stehen rund 300 Nachtquartierspl\u00e4tze und sechs Tageszentren der Wiener Wohnungslosenhilfe ganzj\u00e4hrig zur Verf\u00fcgung. Zwischen 30. Oktober 2019 und Mai 2020 erweitert die Stadt das Angebot \u00fcber den Fonds Soziales Wien um 870 zus\u00e4tzliche \u00dcbernachtungspl\u00e4tze und drei W\u00e4rmestuben. Die Mitarbeiter der Caritas sind mit dem K\u00e4ltebus unterwegs, um Menschen in Notquartiere zu bringen oder Schlafs\u00e4cke zu verteilen. Das K\u00e4ltetelefon ist 24 Stunden am Tag besetzt: 01\/480 45 53. Seit 2019 gibt es au\u00dferdem die K\u00e4lteApp f\u00fcr Android- und Apple-Ger\u00e4te. In Notf\u00e4llen gilt: 133 (Polizei) oder 144 (Rettung).<\/p>\n\t<\/div>\n<\/div>\n\t<\/div>\n\n<\/div>\n\n\n\n

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\n\tWarum er auf der Stra\u00dfe lebt, kann sich G\u00fcnter nicht erkl\u00e4ren. Alkohol, sagt er, sei jedenfalls nicht sein Problem. \u201eHarte Sachen trink\u2019 ich nicht, nur hier und da ein J\u00e4germeister.\u201c T\u00e4glich trinkt er Kaffee, dann tut ihm der Magen weh. Die Angst vorm Scheitern hat er \u00fcberwunden, wie genau, kann er nicht sagen. Beten helfe, sagt er, ganz sicher. Die Heiligenstatue auf der Marienbr\u00fccke, die die Passanten meist \u00fcbersehen, hat er oft angefleht, wenn er nichts zu essen fand. G\u00fcnter schmiedet pl\u00f6tzlich Pl\u00e4ne. Z\u00e4hne will er wieder haben, doch erst will er sich den letzten rei\u00dfen. Er leidet unter Grauem Star, den will er sich entfernen lassen genauso wie die Krampfadern. Bei der Nationalratswahl im Oktober macht G\u00fcnter bei jener Partei ein Kreuz, die sich \u201eum die Tiere k\u00fcmmert und etwas f\u00fcr die Umwelt tut.\u201c. Die Queen Elizabeth hat er vollendet und mit der Titanic angefangen. Als sich der Herbst dem Ende neigt, f\u00e4hrt er erst an den Schrammelteich dann besucht er die Familie. Die Schwester weint Freudentr\u00e4nen, der Vater umarmt den Sohn.<\/p>\t<\/div>\n\n<\/div>\n\n<\/div>\n\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n\n\n\n\n\t\n\t\t\t

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\n\tIm \u00dcbergangswohnheim machen manche Wirbel, obwohl das in der Nacht verboten ist. Sie klopfen zum Zigarettenschnorren an G\u00fcnters T\u00fcr. \u201eDas sehe ich nicht ein.\u201c Der Mann im Zimmer nebenan schreit und trommelt an die Wand, sodass G\u00fcnter kaum schlafen kann. Unl\u00e4ngst hat einer seinen M\u00fcll auf einen geparkten Wagen geworfen und ihn damit ramponiert. Die Polizei, sagt G\u00fcnter, habe zwischenzeitlich ihn verd\u00e4chtigt. Ein Nachbar kotze in den Gang, ein anderer wasche sich nie und stinke. Die Z\u00fcge quietschen hinter dem Haus, Flugzeuge setzen zur Landung an \u201eund tun \u00fcberm Haus die Radln raus\u201c. St\u00e4ndig muss G\u00fcnter auf etwas warten, auf einen Termin oder sein Geld. Sein Antrag auf Fr\u00fchpension wird nicht genehmigt. Trotzdem muss er r\u00f6ntgen gehen. G\u00fcnter schluckt viele Schmerztabletten. \u201eBesser w\u00e4r\u2019, ich w\u00e4r\u2019 schon weg.\u201c <\/p>\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n\n\n\n\n\t\n\t\t\t

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\n\tIm J\u00e4nner 2018 wohnt er in einer festen Unterkunft der Caritas und hat ein Titanic-Modell gebaut. Foto: \u00a9 Nina Strasser<\/p>\t<\/figcaption>\n<\/figure>\n\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n\n\n\n\n\t\n\t\t\t

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\n\tDie erste Chance auf eine dauerhafte Bleibe l\u00e4sst er ungenutzt verstreichen. Eine Entscheidung \u00fcber Nacht, sagt er, sei seine Sache nicht. Dann kommt der Winter zur\u00fcck und mit ihm die K\u00e4lte. \u201eEgal\u201c sagt G\u00fcnter nur noch selten.<\/p>\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n\n\n\n\n\t\n\t\t\t

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\n\t“Am Gau\u00dfplatz wart ich auf den Sonnenaufgang. Die W\u00fcrstel in der Alufolie sind warm. Die Gefesselte ist schon da. Die Kr\u00e4hen schlafen noch, die Menschen auch. Bald kommt die Frau mit dem Chow-Chow. Die Wohnung steht noch leer. Im Klo liegen wieder Spritzen. Den Dealer erkennt man fast nicht mehr. Der tr\u00e4gt jetzt Bart und Sonnenbrille. Verkaufen tun nur noch seine Neffen. Das Sackerl sind Zigarettenstummeln. Vier Euro hab ich heut gefunden. Das Kupfergeld hab ich der Bettlerin auf der Br\u00fccke geschenkt. Heute soll die Sonne scheinen. In der Gratiszeitung ist ein Foto vom Fuchs. Das haben sie am Donaukanal gemacht. Das w\u00fcrd ich gerne in meine Wohnung h\u00e4ngen. Darunter stell ich die Titanic.”<\/em><\/p>\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n\n\n\n\n\t\n\t\t\t

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\n\tErstmals publiziert in am 19. Dezember 2017 in der Printausgabe 51\/17 des FALTER<\/a>. Diese Reportage ist eine adaptierte Langfassung der Erstver\u00f6ffentlichtung.<\/em>

Dieser Text ist urheberrechtlich gesch\u00fctzt: \u00a9 Nina Strasser. Bei Interesse an Wiederver\u00f6ffentlichung bitten wir um Kontaktaufnahme mit der
Redaktion<\/a>.
Urheberrechtliche Angaben zu Bildern, Grafiken und Videos sind direkt bei den Abbildungen vermerkt. Titelbild: “Besser w\u00e4r, ich w\u00e4r schon weg.” Foto: \u00a9 Nina Strasser<\/em><\/p>\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n\n\n\n\n\t\n\t\t\t

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    Journalismuspreis “von unten”<\/h1>

    Der
    Journalismuspreis \u201evon unten\u201c<\/a> wurde 2010 von der Armutskonferenz entwickelt. Mit dem Ziel einen Journalismus zu f\u00f6rdern, der den vielen Facetten von Armut gerecht wird, Betroffene respektvoll behandelt, ihre Stimmen h\u00f6rbar bzw. sichtbar macht und Hintergr\u00fcnde ausleuchtet. Die Jury setzt sich ausschlie\u00dflich aus Menschen mit Armutserfahrungen zusammen und auch deshalb ist die W\u00fcrdigung f\u00fcr die ausgezeichneten JournalistInnen etwas Besonderes.

    Seit 2015 wird mit Unterst\u00fctzung der ERSTE Stiftung und des
    EAPN<\/a> (Europ\u00e4isches Armutsnetzwerk) an einer internationalen Verbreitung des Preises gearbeitet und daf\u00fcr internationale Austausch-Workshops organisiert. Zuletzt wurde der Journalismuspreis f\u00fcr respektvolle Armutsberichterstattung erstmals auch in Ungarn, Kroatien, Finnland und Island verliehen. 2018 wurde dieser Artikel von Nina Strasser in der Kategorie Print ausgezeichnet.<\/p>\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"

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