{"id":3558,"date":"2018-10-23T00:00:00","date_gmt":"2018-10-23T00:00:00","guid":{"rendered":"https:\/\/erste-foundation.byinfinum.co\/er-markiert-sein-revier\/"},"modified":"2021-08-23T13:46:06","modified_gmt":"2021-08-23T13:46:06","slug":"er-markiert-sein-revier","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/tippingpoint.net\/de\/er-markiert-sein-revier\/","title":{"rendered":"\u201eEr markiert sein Revier.\u201c"},"content":{"rendered":"
\n\tIlona N\u00e9meth, slowakische K\u00fcnstlerin, z\u00f6gerte kurz und fragte sich, ob sie eine ihrer Ausstellungen im Ludwig Museum in Budapest stattfinden lassen m\u00f6chte. Ein Museum, das von Orb\u00e1ns Regierung unterst\u00fctzt wird. Als man sich ihre kritischen Gespr\u00e4che \u00fcber die Verantwortung intellektueller Pers\u00f6nlichkeiten in Zeiten der Wende aussuchte, entschied sie sich, mit ihrer Ausstellung jenen unter die Arme zu greifen, die die innerstaatlichen Verh\u00e4ltnisse offen anprangern. Mit dem Bau teurer Stadien im S\u00fcden der Slowakei, markiere Orb\u00e1n sein Revier, so die in Dunajsk\u00e1 Streda geborene K\u00fcnstlerin. \u201eKinder in ungarischen Schulen f\u00fcrchten sich mittlerweile vor dem Herrn, der \u00fcberall auf Plakaten zu sehen ist und spielen in Teams mit dem Namen ‘Stop Soros’\u201c, so N\u00e9meth \u00fcber die Folgen der Hysterie in den ungarischen Medien.<\/strong><\/p>\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n\n\n \n\tIn der Vergangenheit sagten Sie einmal, dass Sie Ihrer Mutter verboten haben, ungarisches Fernsehen zu schauen. Hat sie auf Sie geh\u00f6rt?<\/strong> \n\tHat das Fernsehen noch immer so einen Einfluss?<\/strong> \n\t“Die Regierung in Budapest hat es geschafft, sich das Vertrauen der Leute f\u00fcr jede weitere Runde ihrer Hasskampagne zu sichern.”<\/p>\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n\n\n \n\tEiner Studie zufolge scheint es zu funktionieren, die Ungarn f\u00fcrchten sich am meisten vor Migranten und Soros.<\/strong> \n\tDie ungarische Soziologin Anik\u00f3 F\u00e9lix behauptet, dass die Plakate mit dem l\u00e4chelnden Soros ein Beispiel f\u00fcr den sogenannten konspirativen Antisemitismus seien. K\u00f6nnen Sie ihn auch erkennen?<\/strong> \n\tEin Plakat zeigt den ungarisch-amerikanischen Milliard\u00e4r und Philanthropen George Soros. Ein zentrales Element des Wahlkampfes ist die multimedial gef\u00fchrte Kampagne gegen ihn und den angeblichen “Soros-Plan”, in dessen Rahmen Masseneinwanderung in die EU unterst\u00fctzt werden solle. Foto: \u00a9 Attila Kisbenedek \/ AFP \/ picturedesk.com<\/p>\t<\/figcaption>\n<\/figure>\n\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n\n\n \n\tFidesz scheint mit der Hass-Kampagne erfolgreich zu sein, die Partei gewann die Wahlen und f\u00fchrt langfristig in Umfragen. Hat diese Kampagne auch einen Einfluss auf die Ungarn, die in der Slowakei leben?<\/strong> \n\tWarum Patria?<\/strong> \n\tVor zwei Jahren beendete die kritische Tageszeitung \u201eN\u00e9pszabads\u00e1g\u201c ihre Arbeit. Gibt es etwas, was Sie noch lesen k\u00f6nnen?<\/strong> \n\tBetrifft das auch kritische K\u00fcnstler?<\/strong> \n\tIlona N\u00e9meth (1963) kommt aus Dunajsk\u00e1 Streda, hat in Budapest studiert und ist Professorin an der Hochschule f\u00fcr Bildende K\u00fcnste in Bratislava. Hier leitet sie ihr eigenes Atelier. Sie hat zahlreiche eigene Ausstellungen und auch Gruppenausstellungen organisiert, sowohl in der Slowakei als auch in der internationalen Kunstszene. Letztes Jahr bekam sie vom slowakischen Pr\u00e4sidenten den F\u00fcrst-Pribina-Orden der 2. Klasse f\u00fcr au\u00dferordentliche Verdienste um die kulturelle Entfaltung der Slowakischen Republik im Bereich der Bildenden K\u00fcnste verliehen. In der hauptst\u00e4dtischen Kunsthalle hat sie vor Kurzem das Werk \u201eEastern Sugar\u201c ausgestellt. Ihr Sohn, \u00c1bel Ravasz, ist stellvertretender Parteivorsitzender der slowakischen Partei f\u00fcr die ungarische Minderheit \u201eMost-H\u00edd\u201c (Br\u00fccke). \n\tSie haben an der Universit\u00e4t in Budapest habilitiert. War die Politik der Fidesz auch in der akademischen Welt pr\u00e4sent?<\/strong> \n\tWarum?<\/strong> \n\t“In Ungarn entstand kontinuierlich eine Stimmung der Angst.”<\/p>\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n\n\n \n\tOrb\u00e1n selbst war auch Empf\u00e4nger eines Soros-Stipendiums. Aus Soros machte er nun den Staatsfeind Nummer Eins. Steckt dahinter berechnender Zynismus oder etwas mehr?<\/strong> \n\tIm Gegensatz zur Slowakei ist es jedoch \u00fcberraschend, dass Fidesz die Anti-Soros-Kampagne aus Steuergeldern finanziert. Robert Fico kann zwar in der Slowakei dar\u00fcber sprechen, dass hinter allem die \u201eKinder von Soros\u201c stecken w\u00fcrden, aber es w\u00fcrde wahrscheinlich nicht durchgehen, dass Pellegrinis Regierung aus Staatsmitteln Plakate finanziert, um die Demonstranten, die sich f\u00fcr eine anst\u00e4ndige Slowakei einsetzen, anzugreifen. Warum l\u00e4sst man Orb\u00e1n so etwas durchgehen?<\/strong> \n\tWie w\u00fcrden Sie Orb\u00e1ns Regime nennen?<\/strong> \n\tKann Orb\u00e1n nicht auch slowakische Politiker mit sich rei\u00dfen?<\/strong> \n\tWie nehmen Sie Orb\u00e1ns \u201eFu\u00dfball-Diplomatie\u201c wahr und dass er nun in slowakische Fu\u00dfballstadien und -klubs investiert?<\/strong> \n\t“F\u00fcr kritische Qualit\u00e4tsautoren aus Ungarn wurde der S\u00fcden der Slowakei zum Ort, wo sie sich \u00e4u\u00dfern k\u00f6nnen.”<\/p>\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n\n\n \n\tSie \u00e4u\u00dfern sich sehr kritisch \u00fcber Orb\u00e1n. Gibt man Ihnen in Ungarn dennoch die Gelegenheit f\u00fcr Ihre Ausstellungen?<\/strong> \n\tWorum geht es bei dem Werk?<\/strong> \n\tOriginal auf Slowakisch. Erstmals publiziert am 10. September 2018 auf Denn\u00edk N<\/a>. K\u00fcnstlerin Ilona N\u00e9meth \u00fcber Ungarn, die Slowakei und \u201eFu\u00dfball-Diplomatie”<\/p>\n","protected":false},"author":1,"featured_media":1435,"comment_status":"closed","ping_status":"closed","sticky":false,"template":"","format":"standard","meta":{"footnotes":""},"categories":[433,245,434],"tags":[264,387,388,312,267],"formats":[],"acf":[],"_links":{"self":[{"href":"https:\/\/tippingpoint.net\/de\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/3558"}],"collection":[{"href":"https:\/\/tippingpoint.net\/de\/wp-json\/wp\/v2\/posts"}],"about":[{"href":"https:\/\/tippingpoint.net\/de\/wp-json\/wp\/v2\/types\/post"}],"author":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/tippingpoint.net\/de\/wp-json\/wp\/v2\/users\/1"}],"replies":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/tippingpoint.net\/de\/wp-json\/wp\/v2\/comments?post=3558"}],"version-history":[{"count":3,"href":"https:\/\/tippingpoint.net\/de\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/3558\/revisions"}],"predecessor-version":[{"id":5569,"href":"https:\/\/tippingpoint.net\/de\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/3558\/revisions\/5569"}],"wp:featuredmedia":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/tippingpoint.net\/de\/wp-json\/wp\/v2\/media\/1435"}],"wp:attachment":[{"href":"https:\/\/tippingpoint.net\/de\/wp-json\/wp\/v2\/media?parent=3558"}],"wp:term":[{"taxonomy":"category","embeddable":true,"href":"https:\/\/tippingpoint.net\/de\/wp-json\/wp\/v2\/categories?post=3558"},{"taxonomy":"post_tag","embeddable":true,"href":"https:\/\/tippingpoint.net\/de\/wp-json\/wp\/v2\/tags?post=3558"},{"taxonomy":"format","embeddable":true,"href":"https:\/\/tippingpoint.net\/de\/wp-json\/wp\/v2\/formats?post=3558"}],"curies":[{"name":"wp","href":"https:\/\/api.w.org\/{rel}","templated":true}]}}
(Lacht) Ich habe mich da etwas ungeschickt ausgedr\u00fcckt. Ich meinte das ungarische Staatsfernsehen. Denn es gibt ja selbstverst\u00e4ndlich noch ein paar Fernsehsender, die man gerade noch schauen kann. Auf den staatlichen Sendern ist die Fl\u00fcchtlingsdebatte und die Propaganda der ungarischen Regierung so stark manipuliert, dass ich meine Mutter beruhigen musste, dass sie sich in ihrer kleinen Wohnung in Dunajsk\u00e1 Streda nicht vor Migranten f\u00fcrchten muss. Und auch um uns m\u00fcsse sie sich nicht sorgen, wenn wir viel reisen, denn auch da f\u00fcrchtete sie sich.<\/p>\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n\n\n
Es ist in der Tat so, dass die Propaganda so stark ist, dass jene, die keinen Zugang zu anderen Medien haben oder keine Fremdsprachen sprechen, unter so gro\u00dfen Druck geraten sind, dass sie sich mittlerweile keine Fragen mehr stellen und ihren kritischen Blick auf die Dinge verloren haben. Die Regierung in Budapest hat es geschafft, sich das Vertrauen der Leute f\u00fcr jede weitere Runde ihrer Hasskampagne zu sichern. Das ist eine sehr durchdachte Strategie, um sich an der Macht zu halten. Wenn ich zuf\u00e4llig mal den ungarischen Rundfunk einschalte, springt mich fast jedes Mal das Wort \u201eMigrant\u201c an. Aber leider hat es keinen kontraproduktiven Effekt, die Leute sind dieses Themas noch immer nicht \u00fcberdr\u00fcssig.<\/p>\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n\n\n
Es hat sogar solche Ausma\u00dfe erreicht, haben mir meine ungarischen Freunde erz\u00e4hlt, dass Kinder in den Schulen bereits vor Soros-Bildern Angst haben. Es ist aber auch schon in meiner Familie passiert. Meine neunj\u00e4hrige Nichte kam vom Fu\u00dfballspielen nach Hause und erz\u00e4hlte, dass das eine Team \u201eStop Soros\u201c hie\u00df. Sie hatte danach richtig Angst, dass ihr der Herr, der \u00fcberall auf Plakaten zu sehen ist, das Land wegnimmt. Es beeinflusst auch bereits Kinder im Vorschulalter und dringt in die sensiblen Strukturen der Familien ein.<\/p>\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n\n\n
Ganz eindeutig sickerte der Antisemitismus in die Gesellschaft vor allem in den Jahren 2007 und 2008 ein. Davor sprach man nicht so oft \u00fcber Juden bei antisemitischen Anspielungen. Zuerst begann man darauf aufmerksam zu machen, wo \u00fcberall in der Kultur Juden arbeiteten. Man sprach dar\u00fcber, wer Jude war und die Debatte begann sich zu verbreiten, bis sie Teil des t\u00e4glichen Gespr\u00e4chs also salonf\u00e4hig wurde. Wenn jetzt in einem g\u00e4ngigen Gespr\u00e4ch unter Freunden in Ungarn oder auch in der S\u00fcdslowakei etwas Antisemitisches gesagt wird, entgegnet dem niemand etwas. Es wurde ein tolerierbares Thema. Ich m\u00f6chte nicht verallgemeinern, aber in den letzten Jahren verh\u00e4lt es sich nat\u00fcrlich auch \u00e4hnlich in Kombination mit der Migrantenproblematik. In den ungarischen Medien ging das Wort \u201eFl\u00fcchtling\u201c verloren und es ist nur noch von Migranten die Rede. Ich glaube, dass die ungarische Regierung daran programmatisch gearbeitet hat.<\/p>\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n\n\n\n\t\n\t<\/div>\t
Ich glaube, bis zu einem bestimmten Grad ja. Andererseits muss ich sagen, dass der ungarischsprachige Radiosender \u201ePatria\u201c, ein Sender in der Slowakei f\u00fcr die ungarische Minderheit, meiner Meinung nach momentan der beste ungarische Radiosender ist. Im Vergleich zu verschiedenen ungarischen Radiosendern, darunter auch privaten, bem\u00fcht man sich hier objektiver zu berichten. Die Mehrheit der in der Slowakei lebenden Ungarn verfolgt jedoch vorwiegend auch weiterhin die staatlichen Sender, weil sie glaubt, dass diese ihre wichtigste Quelle f\u00fcr Informationen \u00fcber Kultur und ungarische Politik seien. Nat\u00fcrlich haben diese Sender dann einen Einfluss auf sie. Die Tatsache, dass die slowakischen Medien objektiver sind, wirkt zum Teil ausgleichend. Aber jene, die die ungarischen Staatssender als Quelle w\u00e4hlen, sind f\u00fcr die ungarische Propaganda auch in der Slowakei eine leichte Beute.<\/p>\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n\n\n
Die Berichterstattung dieses Radiosenders ist sicherlich die objektivste und ausgewogenste und die Kommentare sind von guter Qualit\u00e4t. Dazu tragen auch ungarische Experten bei, darunter auch Hochschulp\u00e4dagogen und Forscher, die aus den ungarischen Medien verdr\u00e4ngt wurden. Und das ist ja kein Zufall. Als in Ungarn die Unabh\u00e4ngigkeit der Medien kontinuierlich abgebaut wurde, gingen die kritischen Stimmen verloren, auch in der Kulturszene. Diese Stimmen tauchen jetzt beim Radiosender Patria wieder auf. J\u00e1nos Sz\u00e9ky zum Beispiel, der fr\u00fcher f\u00fcr meinungsbildende Medien in Ungarn schrieb, arbeitet jetzt f\u00fcr die slowakische Internetzeitung \u201eParameter\u201c. F\u00fcr kritische Qualit\u00e4tsautoren aus Ungarn wurde der S\u00fcden der Slowakei zum Ort, wo sie sich \u00e4u\u00dfern k\u00f6nnen.<\/p>\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n\n\n
In Ungarn wurden kontinuierlich Printmedien aufgekauft und langsam betrifft es die Internetmedien ebenso. \u201eIndex\u201c zum Beispiel, das Internetmedium, das ich fr\u00fcher gerne las, und das vergleichbar war mit der Tageszeitung \u201eDenn\u00edk N\u201c oder \u201eSME\u201c, hat seinen Besitzer gewechselt und ist nicht mehr so gut. Die Internetplattform \u201eOrigo\u201c kann man gar nicht mehr lesen. \u201e444\u201c ist noch auf einem bestimmten Niveau. Jetzt habe ich jedoch gelesen, dass Fidesz ab September eine komplett andere Kulturpolitik verfolgen wird. Ich stelle mir das vor wie eine Riesenwalze, mit der alles noch Dagebliebene umgewalzt wird.<\/p>\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n\n\n
Es geht nicht nur um kritische K\u00fcnstler. Es wurden Medien aufgekauft und es wurde Personal im Fernsehen ausgetauscht. Au\u00dferdem werden jetzt die eigenen Leute in der Kunstszene gef\u00f6rdert. Schon seit Jahren spricht man vom Wandel des Kanons in der Kunst, d.h. des Systems in der Szene, das die qualitativen, repr\u00e4sentativen und wichtigsten Werke ihrer Zeit von den anderen unterscheidet. In Ungarn pflegte man jedoch zu sagen, dass die kanonisierte Kunst von Juden oder links-liberalen Kreisen beeinflusst wird und, dass echte K\u00fcnstler da keine Chance h\u00e4tten. Daher wird jetzt gerade dar\u00fcber diskutiert, dass der Staat bestimmen soll, wer ins Bewusstsein der Leute gebracht werden soll. Aber so funktioniert das nicht in der Kunst. Der Staat darf nicht bestimmen, wer in den Kanon gelangen soll und wer nicht.
Nat\u00fcrlich gibt es immer K\u00fcnstler, denen nicht so viel Raum einger\u00e4umt wird, weil sie nirgendwo anecken. Sie leben in der Gegenwart aber sie betreiben keine Gegenwartskunst. Fidesz kreiert wissentlich eine Szene sogenannter \u201enationaler\u201c K\u00fcnstler, die seine Ideologie unterst\u00fctzen. F\u00fcr sie ist die Ideologie wichtiger als die Qualit\u00e4t der Werke. Das sieht man zum Beispiel in der visuellen Kunstszene an der Ungarischen Nationalakademie, die \u00fcberdurchschnittlich gut finanziert wird, unter anderem \u00fcber die monatlichen Geh\u00e4lter ihrer Mitglieder.<\/p>\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n\n\n\n\tIlona N\u00e9meth <\/h2>\n\t
Foto: \u00a9 Tom\u00e1\u0161 Benedikovi\u010d<\/em><\/p>\n\t<\/div>\n<\/div>\n\t<\/div>\n\n<\/div>\n\n\n\n
Als das Bildungsministerium vor vier bis f\u00fcnf Jahren an den Universit\u00e4ten ihre Kanzler einsetzte, die \u00fcber die Finanzierung der Hochschule entscheiden und Zust\u00e4ndigkeiten haben, durch die sie die Ausrichtung der Einrichtung beeinflussen k\u00f6nnen, war das der Gipfel. Ihre Stellung befindet sich sogar \u00fcber der des akademischen Senats. Es war sehr seltsam, dass sich die Rektoren nicht verb\u00fcndeten und keine gro\u00dfen Demonstrationen organisierten.
Waren somit die Universit\u00e4ten nicht mehr unabh\u00e4ngig?<\/strong>
Absolut richtig. Der Kanzler kann willk\u00fcrlich Entscheidungen des Rektors oder des Senats ab\u00e4ndern. In diesem Augenblick verloren sie ihre Autonomie. In Ungarn entstand kontinuierlich eine Stimmung der Angst. Es gelang ihnen die ungarische Gesellschaft zu polarisieren. Wenn Sie nach Ungarn kommen, dann vermeiden Sie entweder sensible Themen, wenn Sie nicht mit Freunden streiten wollen oder Sie streiten sich oder aber Sie und die anderen gehen getrennte Wege. Und das gelang auch in die Familien. Ein Beispiel der negativen Entwicklung ist die Abschaffung der Gender Studies, die es an der Central European University (CEU) und an der E\u00f6tv\u00f6s Lor\u00e1nd ELTE Universit\u00e4t noch gab. Begr\u00fcndet hat man die Abschaffung damit, dass es die Probleme, mit denen sich diese Fakult\u00e4ten auseinandersetzten, nicht gebe, sie seien marginal. Und es w\u00fcrden sich sowieso wenige Studenten f\u00fcr dieses Studium anmelden, somit w\u00fcrde sich eine Finanzierung aus dem Staatsetat nicht lohnen. Das ist ein absolut nicht annehmbarer und zynischer Standpunkt.<\/p>\t<\/div>\n\n<\/div>\n\n<\/div>\n\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n\n\n
Mit der Fidesz-Partei sind archaische, geschlechterspezifische Stereotypen und die hierarchische katholische Kultur zur\u00fcckgekommen und sie werden immer mehr forciert. Das Studium wurde abgeschafft, damit solche Inhalte nicht zum Thema werden. Im ungarischen Parlament waren mehrmals Angriffe auf weibliche Abgeordnete in der Opposition zu h\u00f6ren. Die sind da noch weniger in der Anzahl als bei uns. Zur zweiten Regierungszeit Orb\u00e1ns war L\u00e1szlon\u00e9 N\u00e9meth die einzige Ministerin. In Ungarn kann frau<\/em> nicht nur den Nachnamen sondern auch den Vornamen des Ehemannes \u00fcbernehmen. Der Zugang zur Frau und die Emanzipation stecken in Ungarn noch in Kinderschuhen. Das ist im Grunde sehr bedauernswert, denn im Jahr 1989 war es gerade die Fidesz-Partei, die sich f\u00fcr moderne Werte einsetzte.<\/p>\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n\n\n
Es ist Berechnung, die mit den leichtesten Wegen arbeitet, also jenen, auf denen die meisten W\u00e4hler erreicht werden k\u00f6nnen. Es handelt sich um eine Situation, in der man einen inneren Feind (Nichtregierungsorganisationen) und einen \u00e4u\u00dferen Feind (Migranten) braucht, um Angst und Hass zu sch\u00fcren. In der Slowakei wird dabei immer die Nationalkarte gezogen, in Ungarn wird der Antisemitismus genutzt und die \u00e4u\u00dfere Gefahr ist ein gemeinsames Ph\u00e4nomen.<\/p>\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n\n\n
Es geschah kontinuierlich damit, in dem die Partei die F\u00fchrung des Gro\u00dfteils der Medien an sich riss, Werbe-, und Medienagenturen verstaatlichte und alles in die H\u00e4nde m\u00e4chtiger Fidesz-naher Oligarchen geriet. Mit dem Kontrollverlust gingen auch die Hemmungen zur\u00fcck. Das zeigte sich auch beim Verfassungsgerichtshof, wo auch Posten von Fideszlern besetzt wurden. Mit dem Programm arbeitet man an der Zerst\u00f6rung der Demokratie.<\/p>\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n\n\n
Es ist hundertprozentig eine Autokratie, ja fast sogar eine R\u00fcckkehr zum Feudalismus. Die Macht wirkt sich auf Einzelschicksale aus. Es ist alles verloren gegangen, was es sonst in einem entwickelten Staat gibt. Ich glaube nicht, dass so eine kleine Autokratie wie Ungarn, Europa aus der Bahn werfen k\u00f6nnte. Problematisch wird es jedoch, wenn sich diese kleinen Autokratien zu vermehren und verb\u00fcnden beginnen. Die Slowakei ist inmitten des Ganzen etwas sehr Interessantes, weil es hier eine viel ges\u00fcndere politische Kultur gibt. Es gibt hier eine kritische Masse an Menschen, die zwar eingeschr\u00e4nkt aber doch auf die Macht Einfluss nehmen kann.
Wenn ich in Ungarn erz\u00e4hle, dass wir in der Slowakei f\u00fcr einen neuen Premierminister und auch einen neuen Innenminister gesorgt haben, wundert sich jeder, wie das nur m\u00f6glich war. Als in Ungarn keine Demonstration Folgen hatte, demonstrierten die Leute beim zehnten Mal nicht mehr mit und blieben zu Hause. Fidesz spielt auf Resignation und der Plan geht auf.<\/p>\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n\n\n
Fico versucht es schon, aber ich glaube, dass wir hier noch Hemmungen haben, denn es gibt noch einige Medien zum Beispiel, die nicht von staatlicher Macht beeinflusst sind. Au\u00dferdem gibt es Kontrollmechanismen und Institutionen, die sich ihm in den Weg stellen w\u00fcrden, sollte er Orb\u00e1ns Weg einschlagen. W\u00e4hrend in der Slowakei zum Beispiel die Geschichte mit der Zeitung \u201eDenn\u00edk\u201c anfing, da beendete die letzte kritische Tageszeitung \u201eN\u00e9pszabads\u00e1g\u201c kaum ihre Arbeit, schon wurde ein Buch \u00fcber sie herausgegeben, in dem \u00fcber den Verlust berichtet wurde. Das ist der sehr gro\u00dfe Unterschied in der Art und Weise, wie Journalisten und die ungarische Kulturgemeinschaft auf den Verlust der Unabh\u00e4ngigkeit reagieren. Der Tiefpunkt der ungarischen Politik war auch schon vor Kurzem erreicht, als sich vor nicht allzu langer Zeit Le Pen zu Orb\u00e1n und dem italienischen Innenminister Salvini gesellte und vorschlug, eine gemeinsame Allianz gegen Migranten zu bilden.<\/p>\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n\n\n
Ich habe nichts gegen die Unterst\u00fctzung des Massensports, aber ich bin gegen Gro\u00dfinvestitionen aus Staatsmitteln oder anderen Quellen, aus denen dann riesige, teure Stadien gebaut werden. Den Bau von Stadien auf Gebieten, wo Ungarn leben, sehe ich auch als ein \u201eMarkieren des eigenen Reviers\u201c und somit als ideologische und politische Angelegenheit. Wenn man die Kultur f\u00f6rdern m\u00f6chte, dann sollte man wissen, dass die Kultur im Allgemeinen unterfinanziert ist, und das obwohl sie meiner Meinung nach zur Lebensqualit\u00e4t beitr\u00e4gt. Ich kann mir nicht vorstellen, inwiefern ein riesiges Fu\u00dfballstadion die Lebensqualit\u00e4t verbessert, in dem 10.000 Menschen die ungarische und slowakische Nationalhymne br\u00fcllen und es auf beiden Seiten zu nationalistischen Ausbr\u00fcchen kommt. Es w\u00e4re viel n\u00fctzlicher, wenn diese Millionen in die Qualit\u00e4t des Gesundheits- oder Bildungswesens investiert w\u00fcrden.<\/p>\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n\n\n\n\n<\/ol>\n\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n\n\n
Die Antwort ist kompliziert. Es geht nicht nur um die Frage, ob man mich einl\u00e4dt oder nicht. Es geht auch darum, dass es nur wenige Stellen gibt, von denen man eine Einladung annehmen kann. Und das aus den unterschiedlichsten Gr\u00fcnden. Zum Beispiel wenn diese Stelle von der ungarischen Kunstakademie MMA untersch\u00fctzt wird. Es gibt auch f\u00fcr ungarische und ausl\u00e4ndische Autoren, die kritisch denken, wenige Gelegenheiten. \u00dcber mein letztes Projekt Eastern Sugar<\/em><\/a> in der Kunsthalle in Bratislava erschienen \u00fcberraschenderweise zwei Rezensionen in Kunstbl\u00e4ttern in Ungarn. Aber ich kann nicht sagen, dass man mich oft einladen w\u00fcrde. Jetzt habe ich schlie\u00dflich eine Einladung f\u00fcr eine Ausstellung im Ludwig Museum in Budapest angenommen. Diese wird Ende September stattfinden und mein Werk Statement<\/em> aus dem Jahr 2015 wird dort ausgestellt.<\/p>\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n\n\n
Die Videoinstallation besteht aus f\u00fcnf Gespr\u00e4chen mit K\u00fcnstlern, die international bekannt sind und die in Nachbarl\u00e4ndern Ungarns leben oder geboren sind. Ich frage sie in diesen Gespr\u00e4chen nach der Verantwortung Intellektueller und K\u00fcnstler bei Fehlentscheidungen in der Geschichte eines Volkes. Wir haben uns gemeinsam Gedanken dar\u00fcber gemacht, ob wir nicht wieder Zeugen jener falscher, politischer Entscheidungen sind, und wenn ja, ob wir nicht die M\u00f6glichkeit haben, Entscheidungen positiv zu beeinflussen. In letzter Zeit wurde das Ludwig Museum, das teilweise mit staatlichen Mitteln unterst\u00fctzt wird, ausdr\u00fccklich durch Ideologen in den Medien kritisiert. Mit meiner Zustimmung daf\u00fcr, dass mein Werk ausgestellt wird, m\u00f6chte ich ihren kritischen Standpunkt unterst\u00fctzen.<\/p>\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n\n\n
Aus dem Slowakischen von Nikolett Losonci.<\/em>
Dieser Text ist urheberrechtlich gesch\u00fctzt: \u00a9 Mirek T\u00f3da \/ Denn\u00edk N. Bei Interesse an Wiederver\u00f6ffentlichung bitten wir um Kontaktaufnahme mit der Redaktion<\/a>.
Urheberrechtliche Angaben zu Bildern, Grafiken und Videos sind direkt bei den Abbildungen vermerkt. Titelbild: Die opulente “Pancho Arena” fasst 4.000 Besucher – mehr als doppelt so viele, als das Dorf Einwohner z\u00e4hlt. Foto: \u00a9 Gy\u00f6rgy D\u00e9nes.<\/em><\/p>\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"