{"id":3481,"date":"2018-04-11T00:00:00","date_gmt":"2018-04-11T00:00:00","guid":{"rendered":"https:\/\/erste-foundation.byinfinum.co\/jenseits-des-kulturkampfs\/"},"modified":"2021-07-01T06:39:04","modified_gmt":"2021-07-01T06:39:04","slug":"jenseits-des-kulturkampfs","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/tippingpoint.net\/de\/jenseits-des-kulturkampfs\/","title":{"rendered":"Jenseits des Kulturkampfs"},"content":{"rendered":"
\n\tDie Krise des Systems der Kulturinstitutionen in Ungarn geht weit \u00fcber einen Kulturkampf hinaus. Sie ist Teil eines internationalen Trends und vertieft sich seit vielen Jahren, seit Jahrzehnten. Ab und zu erscheinen entsprechende Analysen und Lagebeurteilungen, dennoch kam es in ungarischen Fachkreisen nicht zu einem umfassenden, kollektiven Nachdenken. Der Grund daf\u00fcr ist, dass die Probleme wirklich tiefgreifend sind und sich auf viele Bereiche der Kultur auswirken. Es geht nicht blo\u00df um die Finanzierung, sondern um tiefergehende Fragen zur Beziehung zwischen Kultur und Gesellschaft. Ferner geht es um die Funktionen und Bedingungen von Kultur sowie um die Legitimation ihrer Finanzierung.<\/strong> \n\t<\/p>\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n\n\n \n\tvon Eszter \u0150ze und J\u00falia Perczel<\/em><\/p>\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n\n\n \n\tUnabh\u00e4ngigkeit von Staat und Markt, eine horizontale (nicht hierarchische) Struktur, soziale Dienstleistungen und Interessenvertretung \u2013 dies sind die Mindestanforderungen des Kulturbereichs an idealtypisch funktionierende Non-Profit-Organisationen. Es l\u00e4sst sich aber kaum eine solche Kulturorganisation in Ungarn finden. Alle, die davon abweichen, aber (einstweilen) trotzdem existieren, halten sich typischerweise mit Freiwilligenarbeit aufrecht, ringen mit Spendenaktionen ums \u00dcberleben. Das Abweichen vom Idealtypus ist jedoch nicht ausschlie\u00dflich f\u00fcr den Non-Profit-Bereich charakteristisch; die Aufgaben des Kunstmarktes, die der Nichtregierungs- und der Regierungsorganisationen vermischten sich im ungarischen Kunstbereich n\u00e4mlich und es entstanden hybride Modelle mit kombinierten Charakteristika. Es w\u00e4re also wichtiger f\u00fcr die Zukunft zu verstehen, warum diese Hybride entstehen, statt st\u00e4ndig zu m\u00e4keln, dass die ungarischen Kulturorganisationen nicht nach der Dreiteilung von Markt-, Nichtregierungs- und Regierungssph\u00e4re funktionieren. Ein anderer wichtiger Schritt w\u00e4re – unter Ber\u00fccksichtigung der Charakteristika des ungarischen Kulturbereiches – festzulegen, welche Rolle die Non-Profit-Organisationen in der ostmitteleurop\u00e4ischen Region in einer halbperipheren Position spielen sollen, statt sich das aus dem Westen importierte NGO-Modell zum Aufbau einer Zivilgesellschaft aufzwingen zu lassen.<\/em><\/p>\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n\n\n \n\t1. \n\tDer Titel ist eine Paraphrase zum St\u00fcck 15 aus dem Werk Propaganda<\/em> von Marcell Esterh\u00e1zy (2015, 50 x 70 cm, gicl\u00e9e print) \n\t2. \n\tMarcell Esterh\u00e1zy: Propaganda Nr. .6 [Der Grund, warum Dinge so sind, wie sie sind, ist, dass sie so sind. Sie sind so, weil Dinge so sind, wie sie sind.], 2015, 50 x 70 cm, Gicl\u00e9edruck. (C) Marcell Esterh\u00e1zy<\/p>\t<\/figcaption>\n<\/figure>\n\t<\/div>\n\n<\/div>\n\n\n\n \n\tNach 2010 sehen sich die kulturellen Non-Profit-Organisationen in Ungarn gen\u00f6tigt, zahlreiche Aufgaben zu \u00fcbernehmen, die von der staatlichen Kulturpolitik vernachl\u00e4ssigt werden. Dazu z\u00e4hlen unter anderen der Unterhalt des Stufensystems der Institutionen, Mentoring-Programme oder die Erhaltung von Non-Profit-Ausstellungsr\u00e4umen. Bei der Erf\u00fcllung dieser Aufgaben blutet der Sektor immer offensichtlicher aus: Man ist unterfinanziert, hangelt sich von einem Projektbudget zum n\u00e4chsten und den Gro\u00dfteil der Arbeit leisten Ehrenamtliche. Zu den lokalen Eigenheiten der vom Staat unabh\u00e4ngig (werdend)en Organisationen geh\u00f6rt auch die Ver\u00e4nderung der Beziehung zwischen dem Non-Profit- und dem For-Profit-Bereich in den letzten Jahren. Nach der politischen Wende standen n\u00e4mlich die nicht-profitablen Kulturorganisationen \u2013 entgegen der ung\u00fcnstigen Bedingungen \u2013 zuerst mit dem Staat in einem selbstverst\u00e4ndlichen B\u00fcndnis. Diese Position basierte nicht zuletzt auf der Opposition zu Kunstgalerien und zum Kunstmarkt, also den anderen nach 1989 auftauchenden und sich positionierenden Akteuren des Sektors. \n\tNach 2013 jedoch (als sich die \u00f6ffentlichen Institutionen im Kulturapparat der FIDESZ-Regierung lediglich verfestigten und der Non-Profit-Bereich schon mit einem akuten Ressourcendefizit rechnen musste), verst\u00e4rkt sich – statt eines \u201eBundes\u201c zwischen dem Staat und dem Non-Profit-Bereich – immer mehr ein B\u00fcndnis innerhalb des privaten Sektors zwischen den Non-Profit- und den For-Profit-Organisationen, das schon zum Teil auf der Opposition gegen den FIDESZ-Staat basiert. \n\tIlona N\u00e9meth, V4 26. Jahrestag, 2017, Computeranimation, technische Unterst\u00fctzung von Juraj Mydla. (C) Ilona N\u00e9meth<\/p>\t<\/figcaption>\n<\/figure>\n\t<\/div>\n\n<\/div>\n\n\n\n \n\tObwohl dieses B\u00fcndnis zahlreiche Vorteile mit sich bringen kann (wie zum Beispiel die Aufgaben beider Sektoren neu zu denken und zu kombinieren), ist diese erzwungene Finanzierung nicht ganz problemlos. Da sowohl der Wirtschafts- als auch der Non-Profit-Sektor fast ausschlie\u00dflich mit Unterst\u00fctzungen aus den L\u00e4ndern des Zentrums unterhalten werden, wird die Abh\u00e4ngigkeit der Region noch st\u00e4rker. So verschlechtert sich au\u00dferdem ihre Verhandlungsposition hinsichtlich ihrer Selbstbestimmung noch weiter und der differenzierte Blick auf die eigene, halbperiphere Position wird noch schwieriger. Und das alles geschieht in einem Kontext, in dem der Staat zum vorgeblichen Schutz der \u201eeinheimischen Kultur\u201c die vom Ausland subventionierten Organisationen durch den Schmutz zieht, and dadurch aktiv zur Stabilisierung der Abh\u00e4ngigkeit beitr\u00e4gt. \n\t<\/p>\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n\n\n \n\tOriginal auf Ungarisch. \u00dcbersetzung ins Deutsche von Zs\u00f3ka Leposa.<\/em> Gerechtigkeit, Teilhabe und institutionelle Reform: Was f\u00fcr eine Kulturpolitik wollen wir f\u00fcr Ungarn?<\/p>\n","protected":false},"author":1,"featured_media":1095,"comment_status":"closed","ping_status":"closed","sticky":false,"template":"","format":"standard","meta":{"footnotes":""},"categories":[433,434,268],"tags":[381,312],"formats":[],"acf":[],"_links":{"self":[{"href":"https:\/\/tippingpoint.net\/de\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/3481"}],"collection":[{"href":"https:\/\/tippingpoint.net\/de\/wp-json\/wp\/v2\/posts"}],"about":[{"href":"https:\/\/tippingpoint.net\/de\/wp-json\/wp\/v2\/types\/post"}],"author":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/tippingpoint.net\/de\/wp-json\/wp\/v2\/users\/1"}],"replies":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/tippingpoint.net\/de\/wp-json\/wp\/v2\/comments?post=3481"}],"version-history":[{"count":2,"href":"https:\/\/tippingpoint.net\/de\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/3481\/revisions"}],"predecessor-version":[{"id":4551,"href":"https:\/\/tippingpoint.net\/de\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/3481\/revisions\/4551"}],"wp:featuredmedia":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/tippingpoint.net\/de\/wp-json\/wp\/v2\/media\/1095"}],"wp:attachment":[{"href":"https:\/\/tippingpoint.net\/de\/wp-json\/wp\/v2\/media?parent=3481"}],"wp:term":[{"taxonomy":"category","embeddable":true,"href":"https:\/\/tippingpoint.net\/de\/wp-json\/wp\/v2\/categories?post=3481"},{"taxonomy":"post_tag","embeddable":true,"href":"https:\/\/tippingpoint.net\/de\/wp-json\/wp\/v2\/tags?post=3481"},{"taxonomy":"format","embeddable":true,"href":"https:\/\/tippingpoint.net\/de\/wp-json\/wp\/v2\/formats?post=3481"}],"curies":[{"name":"wp","href":"https:\/\/api.w.org\/{rel}","templated":true}]}}
tranzitblog.hu<\/a> startete zwei Monate vor der ungarischen Parlamentswahl eine Artikelserie, in der Kultur als ein Gemeingut<\/em> im \u00f6ffentlichen Diskurs interpretiert wird. Gemeing\u00fcter stehen in diesem Sinne f\u00fcr Werte, die nicht nur auf globaler, sondern auch auf lokaler, wenn man so will: auf nationalstaatlicher Ebene etwas bedeuten. Wir m\u00fcssen ein Verst\u00e4ndnis von Kulturkonsum hinter uns lassen, das sich aus den gegenw\u00e4rtig herrschenden Umst\u00e4nden ergibt. Der exklusive, repr\u00e4sentative Kulturbegriff, der nur einen engen Kreis der Gesellschaft betrifft, muss \u00fcberwunden, Kultur als gesellschaftlicher Wert neu gedacht werden. Neben den abstrakten Problemen der Wertsch\u00f6pfung stellen wir in der Serie konkrete, materielle und infrastrukturelle Fragen in den Fokus, also die Bedingungen, unter denen das Kultursystem funktioniert.
Der aktuellen neokonservativen Regierungspolitik in Ungarn (ebenso wie dem globalen Neoliberalismus, in dessen Einflusssph\u00e4re Ungarn sich befindet) geht es im Wesentlichen darum die finanziellen Ressourcen und die Rolle des Staates zu minimieren. Nicht nur das Erziehungs- und das Gesundheitswesen, sondern auch das System der Kulturinstitutionen wird immer mehr nach marktwirtschaftlichen Prinzipien ausgerichtet. Inzwischen geht der \u00fcberwiegende Teil der Ressourcen an\u00a0 eine schmale Schicht von Beg\u00fcnstigten. Sieht man diesen sozialstaatlichen Rahmen unter dem Aspekt der Umverteilung, mit Hilfe dessen das System der Kulturinstitutionen die von den Steuerzahlern stammenden \u00f6ffentlichen Mittel beansprucht, stellt sich die Frage, mit welchem Recht der Staat, der seine Rolle als Unterst\u00fctzer und F\u00f6rderer aufgibt, Erwartungen hegt und Anspr\u00fcche hinsichtlich der nationalen Kultur stellt. Kann ein Staat das Recht auf die Bezeichnung nationale Kultur<\/em> und den symbolischen Besitz der kulturellen G\u00fcter beanspruchen, wenn dieser Staat die Produktionsbedingungen dieses symbolischen Gemeinbesitzes und die Teilhabe an den kulturellen G\u00fctern nicht jedermann und allen im gleichen Ma\u00dfe gew\u00e4hrleistet?
Aus dieser Frage ergibt sich, dass dieses Problem\u00a0von zentraler Bedeutung ist, ganz unabh\u00e4ngig vom herrschenden politischen System. Die von uns eingeladenen Kulturfachleute und WissenschaftlerInnen verfassen Texte zu\u00a0 Themen aus Theorie und Praxis und versuchen die aufgeworfenen Fragen zu beantworten. Die Texte sind Streitschriften und sollen richtungweisend f\u00fcr die Debatte sein.
Wir haben einige Themen ausgew\u00e4hlt, die die Grenzen und M\u00f6glichkeiten von Spielr\u00e4umen au\u00dferhalb des Systems der Kulturinstitutionen untersuchen. Wie kann man sich eine gerechtere Kulturpolitik in Ungarn vorstellen? Welcher strukturelle Umbau ist zur Neugestaltung des Systems der finanziellen Rahmenbedingungen f\u00fcr Kulturproduktion n\u00f6tig? Wie k\u00f6nnte man die kulturelle Teilhabe erweitern und dabei geografische und soziale Ungleichheiten ber\u00fccksichtigen? Wie k\u00f6nnte man also erreichen, dass immer mehr Menschen an den kulturellen G\u00fctern teilhaben? Welche Rolle kommt dem Staat dabei zu?
\u00c1gnes B\u00e1sthy
tranzit.hu hat acht AutorInnen eingeladen \u00fcber verschiedene Themen zu schreiben sowie L\u00f6sungen und Strategien vorzuschlagen (alle Artikel auf Ungarisch):<\/em>
J\u00f3zsef M\u00e9lyi: Verantwortungslosigkeit<\/em><\/a>
\u00c1gnes Gagyi: Antworten auf die Krise des Systems der Institutionen: Kritik, Politik, nichtinstitutionelle Praktiken <\/em><\/a>
Orsolya Bajusz and \u00c1gnes B\u00e1sthy: Nicht alles ist, was es scheint<\/em><\/a>
M\u00e1rton Szarvas: Volksbildung und Kulturpolitik<\/em><\/a>
Eszter \u0150ze and J\u00falia Perczel: Das wunderbare Werk des menschlichen Geistes ist die schwei\u00dftreibende Freiwilligenarbeit<\/em><\/a>
Zsolt K. Horv\u00e1th: Wienerschnitzel mit Sauce Tartar \u2013 Mehrdeutige Vorschl\u00e4ge f\u00fcr eine Reform der Kulturpolitik<\/em><\/a>
Emilia Barna: Kultur jenseits der Institutionen? Subkulturelle Produktion und \u201ccool capitalism\u201d<\/em><\/a>
Katalin Benedek: Verantwortung<\/em>
Mit freundlicher Genehmigung von tranzit.hu (D\u00f3ra Hegyi) ver\u00f6ffentlichen wir den Beitrag Nr. 5 von Eszter \u00c8ze und J\u00falia Perczel in \u00dcbersetzung (Erstver\u00f6ffentlichung am 22. M\u00e4rz 2018).<\/em><\/p>\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n\n\n\n\tDas wunderbare Werk des menschlichen Geistes ist die schwei\u00dftreibende Freiwilligenarbeit<\/h2>\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n\n\n
Bevor wir versuchen die Frage zu beantworten, in wessen Interesse es liegt und wessen Aufgabe es ist die kulturellen Nonprofit-Organisationen zu erhalten und in welchem Ma\u00dfe, m\u00fcssen wir zuerst zwei Fragen durchdenken. Einerseits m\u00fcssen wir in Erw\u00e4gung ziehen, was das Leben in einer halbperipheren Region innerhalb des Weltwirtschaftssystems f\u00fcr Ungarn bedeutet, und welche Charakteristika oder, ad absurdum,<\/em> welche Vorteile diese Lage mit sich bringt. Andererseits m\u00fcssen wir auch in Betracht ziehen, wie der Non-Profit-Bereich mit dem klassischen Markt bzw. mit dem sogenannten Regierungsbereich verflochten ist. Wir m\u00fcssen dar\u00fcber nachdenken, welche kulturellen Verbindungen zwischen den Sektoren in unserer halbperipheren Lage effektiv sein k\u00f6nnen. Die Reflexion dieser Fragen ist eine unerl\u00e4ssliche Voraussetzung, um nicht von Neuem Diskurse der Selbstkolonisation und des Nationalismus zu produzieren, sondern sie hinter uns zu lassen und die richtigen Fragen zu stellen.
Diese Fragen zu durchdenken ist nat\u00fcrlich keine einfache Aufgabe. Zahlreiche Theoretiker vertreten die Meinung, dass die halbperiphere Position zwischen Zentrum und Peripherie [1], dort, wo auch die ostmitteleurop\u00e4ische Region liegt, seit der Geburt des modernen Weltwirtschaftssystems stabil und dauerhaft existiert. Trotz dieser weitverbreiteten Auffassung wurde und\u00a0wird jedoch die Region in der Praxis gew\u00f6hnlich dem einen oder anderen Grenzgebiet zugeordnet: vom Zentrum her fast Peripherie, von der Peripherie her fast Zentrum. Diese Doppelidentit\u00e4t verdeckt jedoch gerade die Fragen, was f\u00fcr eine Struktur und welche Funktionen diese Position im Spannungsfeld beider Endpunkte stabil erhalten. Marina Blagojevi\u0107 nennt dieses \u201eDasein in der Deckung\u201c ein strategisches Stillschweigen,<\/em> da diese Logik immer wieder die Unsichtbarkeit der Position f\u00fcr die anderen wie f\u00fcr uns selbst reproduziert [2]. Unter jenen, die sich in dieser Position der Unsichtbarkeit befinden (z. B. die Staaten), ist der Konkurrenzkampf um die Aufmerksamkeit jener in der Position des Zentrums und die Unterst\u00fctzung von ihrer Seite notwendigerweise am grimmigsten, weil lebenswichtig, denn ohne sie w\u00fcrde man in die Peripherie abrutschen [3].\u00a0\u00dcber den Wettstreit um die Subventionen und die Aufmerksamkeit hinaus, zudem oft als Mittel in diesem Wettstreit eingesetzt, versuchen wir jedoch die westeurop\u00e4ischen oder nordamerikanischen kulturellen Modelle haargenau zu \u00fcbernehmen, die als Universall\u00f6sung gelten, jedoch f\u00fcr die Mechanismen der Staaten im Zentrum geschaffen wurden (und zur Festigung ihrer Position dienen) [4].<\/p>\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n\n\n\n\tAnmerkungen<\/h2>\n\t
[1] Arrighi, Giovanni: The Developmentalist Illusion: A Reconceptualization of the Semiperiphery, in: Martin, W.G. (ed.): Semiperipheral States in the World-Economy,<\/em> Greenwood Press, Westport 1990. S. 11\u201342.
[2]\u00a0Blagojevi\u0107, Marina: Non-\u201dWhite\u201d Whites, Non-European Europeans and Gendered Non-Citizens: On A Possible Epistemic Strategy from The Semiperiphery of Europe, in: M.B.:\u00a0Knowledge Production at the Semiperiphery: A Gender Perspective<\/em>, Institut za kriminolo\u0161ka i sociolo\u0161ka istra\u017eivanja, Belgrade 2009. S. 27\u201365.
[3]\u00a0Wallerstein, Immanuel: The Modern World-System as a Capitalist World-Economy: Production, Surplus-Value, and Polarization, in: W.I.:\u00a0World-Systems Analysis. An Introduction<\/em>. Duke University Press, Durham and London 2004, S. 23\u201342.
[4]\u00a0Kova\u010devi\u0107, Nata\u0161a: Introduction, in: K.N.:\u00a0Narrating Post\/Communism Colonial discourse and Europe\u2019s borderline civilization<\/em>. Routledge, London 2008, S. 1\u201321.
[5]\u00a0Nagy, Krist\u00f3f: Kort\u00e1rs bizonytalans\u00e1g: Az FKSE \u00fatja a rendszerv\u00e1lt\u00e1st\u00f3l a v\u00e9gvesz\u00e9lyig. 31.01.2018 http:\/\/tranzitblog.hu\/kortars-bizonytalansag-az-fkse-utja-a-rendszervaltastol-a-vegveszelyig\/
<\/a>Esanu, Octavian: What was Contemoprary Art? in:\u00a0ARTMargins<\/em>, Vol. 1 Issue 1, S. 5\u201328.
[6]\u00a0Siehe dazu: Nagy, Krist\u00f3f: A Soros Alap\u00edtv\u00e1ny k\u00e9pz\u0151m\u0171v\u00e9szeti t\u00e1mogat\u00e1sai Magyarorsz\u00e1gon. A nyolcvanas \u00e9vek m\u00e1sodik fel\u00e9nek tendenci\u00e1i.\u00a0Fordulat<\/em>, 2014. S. 21.
[7]\u00a0Sperling, Valerie:\u00a0Organizing Women in Contemporary Russia.<\/em>\u00a0Cambridge University Press, Cambridge 1999. S. 143.
[8]\u00a0Saxonberg, Steven \u2013 Jacobsson, Kerstin:\u00a0Beyond NGO-ization The Development of Social Movements in Central and Eastern Europe.\u00a0<\/em>Routledge 2013. S. 3.<\/p>\n\t<\/div>\n<\/div>\n\t<\/div>\n\n<\/div>\n\n\n\n
Die Wende um 1989 vollzog sich in den Staaten des Ostblocks nach den Begriffen und Formeln der Demokratisierung, Privatisierung und der Marktwirtschaft. Der konkrete Prozess wurde durch die strukturelle Anpassung an die Wirtschaftspolitik des ehemaligen Gegenpols im Kalten Krieg bestimmt. Dementsprechend wandelte sich auch das System der Kulturfinanzierung nach 1989 betr\u00e4chtlich. Die Organe der Interessensvertretung, die dem Beispiel der fr\u00fcheren Gewerkschaften folgten, wandelten sich langsam. Neben ihnen erschienen die Subventionsformen, die K\u00fcnstlerInnen durch Ausschreibungen unterst\u00fctzen und von ihnen nicht die Zugeh\u00f6rigkeit zu einer Organisation verlangen, sondern eine projektbasierte, aktive Managereinstellung erwarten.
Diese neuen Organisationen formierten sich deshalb nicht mehr auf der Basis einer gemeinsamen Kunstrichtung oder Gattung, sondern nach den gemeinsamen Anschauungen. KuratorInnen beziehungsweise KunstmanagerInnen \u00fcbernahmen die Rolle der Geldverteiler anstelle der F\u00fchrungsschicht der gew\u00e4hlten VertreterInnen der K\u00fcnstlerverb\u00e4nde [5]. Obwohl auch neue Organisationen entstanden, die sich noch an das fr\u00fchere Modell anlehnen wollten (siehe die Organisationen des Verbandes der Gesellschaften ungarischer bildender K\u00fcnstler und Kunsthandwerker), wurde die neue, den westlichen Trends folgende Non-Profit-Einstellung immer dominanter. Es wandelte sich nicht nur die Kulturfinanzierung, sondern es entstanden auch neue Positionen, die weniger zu den lokalen Verh\u00e4ltnissen passten [6].
In den Staaten, in denen die Zivilgesellschaft imstande ist auf die Regierung (z.B. durch effektive Petitionen, Streik, zivilen Ungehorsam) Druck auszu\u00fcben, haben die NGOs andere Aufgaben als in den gerade sich neu formierenden Staaten. Nach Valeria Sperling l\u00e4ge die prim\u00e4re Aufgabe der vom Staat unabh\u00e4ngigen Organisationen dort, wo der Staat die sozialen Dienstleistungen drastisch reduzierte, um die Selbstorganisation der Menschen anzuregen und zu f\u00f6rdern [7].
In der Region entstanden allm\u00e4hlich immer mehr NGOs, um die Zivilgesellschaft zu st\u00e4rken, die theoretisch langfristig diesen Sektor am Leben erhalten k\u00f6nnten. Paradoxerweise verringerte sich die Chance auf Erhaltung dieser Organisationen durch die Gesellschaft je mehr NGOs zustande kamen. Noch dazu \u2013 wie auch Steven Saxonberg hervorhebt \u2013 wurde es in vielen F\u00e4llen zum Kennzeichen der postkommunistischen Zivilgesellschaft, dass die B\u00fcrgerbewegungen sich in professionelle Organisationen verwandelten, die mehr Interesse am Einwerben von F\u00f6rderungen und anderen Formen der Finanzierung als an der Mobilisierung der Zivilgesellschaft haben [8].<\/p>\t<\/div>\n\n<\/div>\n\n<\/div>\n\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n\n\n
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Rechts: Marcell Esterh\u00e1zy, Propaganda Nr. 6 [Der Grund, warum Dinge so sind, wie sie sind, ist, dass sie so sind. Sie sind so, weil Dinge so sind, wie sie sind.], 2015, 50 x 70 cm, Gicl\u00e9edruck. \u00a9 K\u00fcnstler
<\/em><\/p>\t<\/div>\n\n<\/div>\n\n<\/div>\n\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n\n\n
Sowohl der zivilgesellschaftliche als auch der Wirtschaftssektor k\u00f6nnen sich aber kaum aus staatlichen oder einheimischen privaten F\u00f6rderungen aufrecht erhalten. Sie sichern also ihre T\u00e4tigkeit in erster Linie mit Einnahmen aus dem globalen Kunstmarkt (den internationalen Kunstmessen und dem Netz der KunstsammlerInnen) sowie mit Subventionen ausl\u00e4ndischer Kulturorganisationen und Institutionen.<\/p>\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n\n\n
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Zukunftsweisend kann jedoch sein statt des als zwanghaft empfundenen Wettstreits untereinander in der halbperipheren Position die regionale Zusammenarbeit massiv zu verst\u00e4rken. Um dieser Falle zu entkommen sollte man nicht immer weiter neue Non-Profit-Organisationen gr\u00fcnden, sondern die Finanzierung und die Struktur der schon existierenden erneuern und dabei die Rolle der drei Sektoren unter den oben erw\u00e4hnten Aspekten kritisch betrachten. Dazu ist aber die Konstruktion einer staatlichen Mitwirkung unentbehrlich. Sie sollte die Abh\u00e4ngigkeit der Kunstbereiche von den L\u00e4ndern des Zentrums etwas mildern k\u00f6nnen, die Selbstdefinition der Sektoren f\u00f6rdern und gleichzeitig bef\u00f6rdern, und es erm\u00f6glichen die regionale Zusammenarbeit beziehungsweise die oben erw\u00e4hnten Beziehungen innerhalb des Kunstbereiches strukturell neu zu denken und zu konzipieren.
Rechts: Ilona N\u00e9meth, V4 26. Jahrestag, 2017, Computeranimation, technische Unterst\u00fctzung von Juraj Mydla. \u00a9 K\u00fcnstlerin<\/em><\/p>\t<\/div>\n\n<\/div>\n\n<\/div>\n\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n\n\n
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Urheberrechtliche Angaben zu Bildern, Grafiken und Videos sind direkt bei den Abbildungen vermerkt. Titelbild:\u00a0Demonstration der \u201eStadtwaldverteidiger\u201c gegen die Gigainvestition der Regierung im gr\u00f6\u00dften Stadtpark von Budapest, April 2016. Foto: zugl\u00f3.hu<\/em><\/p>\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t<\/div>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"